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Hund vor dem Eingang ins Einkaufszentrum

 
 

Eine Hundehalterin, die ihren bisher unauffälligen, ca 6 kg schweren Jack Russell Terrier vor dem Eingang in ein Einkaufszentrum mit einer ca 1 m langen Leine an einem Poller anleint und mit einem Beißkorb versieht, trägt ausreichend für die erforderliche Verwahrung und Beaufsichtigung des Hundes Sorge. Sie muss nicht damit rechnen, dass sich eine andere Person dem Hund bis auf einen Meter annähert (weil sie ihn übersehen hat) und dann wegen des bellenden und hochspringenden Hundes so erschrickt, dass sie zu Sturz kommt.

Frau C (Beklagte) suchte in Begleitung ihres Hundes, eines sieben Jahre alten und rund sechs Kilo schweren „Jack Russell Terrier“, einen Supermarkt auf. Das Tier war an Menschen gewöhnt und hatte davor noch nie ein auffälliges Verhalten gezeigt. Da es neben der Eingangstüre des Supermarkts keinen Ring gab, an dem eine Hundeleine befestigt werden hätte können, band die Beklagte den Hund an einem von mehreren Pollern an, hinter denen durch Bodenmarkierungen gekennzeichnete Parkplätze liegen. Die Leine, an der der Hund festgebunden war, war ca 1 m lang. Der Hund trug einen Maulkorb.

Während die Beklagte noch ihre Einkäufe erledigte, verließ Frau B (Klägerin) den Supermarkt und ging in Richtung ihres davor geparkten Autos. Sie nahm den Hund nicht wahr. Als sie sich unmittelbar vor dem Hund befand, bellte er und sprang an ihrem Bein hoch, ohne sie dabei umzustoßen. Die Klägerin erschrak, ging einen Schritt zurück, stolperte und kam zu Sturz.

Beide Vorinstanzen wiesen das Schadenersatzbegehren der Klägerin ab.

Der Oberste Gerichtshof wies die Revision der Klägerin zurück, weil keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zu beurteilen war.

Der Oberste Gerichtshof hob hervor, dass die Beklagte ihren Verwahrungspflichten als Tierhalterin entsprochen habe. Sie habe keine Möglichkeit gehabt, ihren Hund an einer anderen Stelle anzuleinen, und ihm auch einen Maulkorb angelegt. Nach § 5 Abs 1 des Wiener Tierhaltegesetzes müssen Hunde an öffentlichen Orten entweder mit einem Maulkorb versehen sein oder so an der Leine geführt werden, dass eine jederzeitige Beherrschung des Tieres gewährleistet ist.

Nach Auffassung des Obersten Gerichtshofs hat die Beklagte ausreichend für die unter den gegebenen Umständen erforderliche Verwahrung und Beaufsichtigung des Hundes Sorge getragen. Die Klägerin brachte sich selbst in die Gefahrenlage, weil sie den vor ihrem Fahrzeug an den Poller angeleinten Hund übersah und bis auf einen Meter – die Leinenlänge – an ihn herantrat. Eine besondere Gefährlichkeit des Hundes war bis zum Vorfall nicht erkennbar. Damit, dass sich jemand dem Hund bis auf einen Meter annähert, weil er ihn übersieht und dann vor dem Hund – obwohl er angeleint war und einen Beißkorb trug – so erschrickt, dass er zum Sturz kommt, musste die Beklagte nicht rechnen. Dass der Hund auf Grund besonderer (örtlicher oder anderer) Umstände für die Klägerin nicht früher bemerkbar gewesen wäre oder sie daran gehindert gewesen wäre, ihm rechtzeitig auszuweichen, steht nicht fest.

Zum Volltext im RIS.

 
ogh.gv.at | 15.11.2024, 13:11
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/hund-vor-dem-eingang-ins-einkaufszentrum/)

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