Husten einer nicht infizierten Person – Strafbarkeit nach § 178 StGB?
Keine Gefahr der Verbreitung von COVID-19 durch Husten einer Person, die nicht mit dem Erreger dieser Krankheit infiziert ist.
Eine von der Generalprokuratur gegen ein Berufungsurteil eines Oberlandesgerichts erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gab dem Obersten Gerichtshof die Gelegenheit, Folgendes klarzustellen:
§ 178 StGB umschreibt ein potenzielles Gefährdungsdelikt. Das bedeutet, die im Tatbestand beschriebene (Verbreitungs-)Gefahr muss zwar nicht tatsächlich eintreten, die Tathandlung muss aber typischerweise geeignet sein, sie herbeizuführen. Die Frage nach dieser Eignung ist Gegenstand der rechtlichen Beurteilung und ist vom Gericht nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu beantworten.
Der Rechtsfrage nach der Gefährdungseignung logisch vorgelagert ist aber die – auf der Feststellungsebene angesiedelte – Frage nach dem Vorliegen einer übertragbaren Krankheit, also einer solchen, bei der ein Krankheitserreger unmittelbar oder mittelbar von einem Individuum auf ein anderes übergehen kann. Um überhaupt in die Eignungsprüfung der Tathandlung eintreten zu können, muss das Gericht daher jeweils fallbezogen das Vorhandensein eines entsprechenden Krankheitserregers feststellen.
Nach den Feststellungen des Erstgerichts war die Angeklagte, als sie in Richtung der Polizeibeamten hustete, nicht mit dem Erreger SARS-CoV-2 infiziert. Anhaltspunkte für die Annahme anderer, von der Angeklagten allenfalls mittelbar eingesetzter, Infektionsquellen fehlen ebenso. Die Rechtsauffassung der Gerichte, den Sachverhalt deshalb nicht nach § 178 StGB zu subsumieren, ist somit nicht zu beanstanden.