In-vitro-Fertilisation und notwendige Krankenbehandlung
Eine im Rahmen einer In-vitro-Fertilisation durchgeführte Behandlung mit dem Zweck, eine Abstoßung des Embryos infolge einer immunologischen Abweichung zu verhindern, stellt eine Krankenbehandlung dar, für die ein Anspruch auf Kostenerstattung in der Krankenversicherung bestehen kann.
Nach insgesamt vier fehlgeschlagenen Versuchen einer In-vitro-Fertilisation wurde der Klägerin Ig VENA verordnet, das keine Zulassung für die Verbesserung von Fertilität und Schwangerschaftsverlauf aufweist. Bei der Klägerin liegen immunologische Abweichungen vor, aufgrund derer die durchgeführte Behandlung mit Ig VENA aus medizinischer Sicht indiziert und gerechtfertigt war. Diese Behandlung führte auch zu einer insgesamt erfolgreichen Schwangerschaft. Erfolgversprechende (zulässige) alternative Behandlungsmethoden bestanden keine.
Die beklagte Österreichische Gesundheitskasse lehnte eine Erstattung der Behandlungskosten für dieses Präparat ab. Sie stützte sich auf die Rechtsprechung, die einen Kostenerstattungsanspruch für die Vornahme einer In-vitro-Fertilisation verneint, weil der regelwidrige Körperzustand – die Unfähigkeit zur Empfängnis – dadurch nicht beeinflusst werde.
Aus dieser Rechtsprechung kann aber nicht geschlossen werden, dass ein Anspruch auf Kostenerstattung bloß deswegen ausscheidet, weil eine Behandlung in einem (zeitlichen oder ursächlichen) Zusammenhang mit einer In-vitro-Fertilisation steht. Die vorliegende Behandlung beeinflusste vielmehr einen regelwidrigen Körperzustand der Klägerin, nämlich die immunologische Abweichung. Die Behandlung hatte den Zweck eine Abstoßung des Embryos infolge dieses regelwidrigen Körperzustands zu verhindern. Die weitere Beurteilung des Berufungsgerichts (zur Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit der Krankenbehandlung) wurde von der Beklagten nicht in Zweifel gezogen.