Ist die unversperrte Haustür eine Freiheitsbeschränkung?
Eine Fenstertüre und ein Tor, die beide unversperrt und mit einer normalen Türschnalle bzw einem üblichen Drehknopf versehenen sind, stellen schon an sich, also unabhängig vom Ausmaß der psychischen Krankheit oder geistigen Behinderung des Heimbewohners, keine gerichtlich zu prüfenden Freiheitsbeschränkung dar.
Die Heimbewohnerin hält sich an den Wochentagen tagsüber in einer Lebenshilfe-Werkstätte auf. Deren Außenbereich ist durch einen Bauzaun abgegrenzt, in dem sich eine Tür mit Drehknopf befindet. Diese Tür ist durch eine „Oberfalle“ gesichert. Daneben existiert ein unversperrtes Tor im Bauzaun, das mit einem üblichen Drehknopf zu öffnen ist, und im Gebäude eine ebenfalls unversperrte Fenstertüre, die mit einer normalen Türschnalle geöffnet werden kann. Die Bewohnerin kann die „Oberfalle“ nicht öffnen, den Drehknopf des Tores nicht betätigen und erkennt aufgrund ihrer geistigen Beeinträchtigung die Fenstertüre nicht als Ausgang.
Der Antrag der Bewohnervertretung, das „Hindern (der Bewohnerin) am Verlassen eines versperrten Bereichs mittels Außenzaun mit Oberfalle“ als unzulässige Freiheitsbeschränkung zu erkennen, blieb erfolglos.
Der Oberste Gerichtshof führte aus: Da die Bewohnerin nicht in der Lage ist, die als Sperrvorrichtung zu wertende „Oberfalle“ zu überwinden, könnte eine Beschränkung der Bewegungsfreiheit für diesen Ausgang zu bejahen sein. Hier stehen aber zwei weitere Ausgänge zur Verfügung, die mit völlig alltäglichen (handelsüblichen) sowie leicht bedienbaren Mechanismen (normale Türschnalle bzw Drehknopf) geöffnet werden können. Derartige Ausgänge stellen unabhängig vom Ausmaß der psychischen Krankheit oder geistigen Behinderung des Bewohners schon an sich keine mechanische Beschränkung dar, die die Erheblichkeitsschwelle einer Freiheitsbeschränkung erreicht.