Ist eine per Fax übermittelte Bürgschaft wirksam?
Der Oberste Gerichtshof nahm zur Frage Stellung, ob eine von einem Subbürgen eigenhändig unterschriebene und in der Folge dem Gläubiger gefaxte Haftungserklärung formwirksam ist. Gleichzeitig beantwortete er die Frage, ob ein Subbürge gegen seine Haftung einwenden darf, dass auch der Hauptbürge seinen Rückgriffsanspruch gegen den Hauptschuldner wegen einer Krise des Hauptschuldners nicht durchsetzen kann.
Um einen gepachteten Steinbruch in Dubai betreiben zu können, gründeten mehrere Personen eine Gesellschaft mit Sitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Die Finanzierung der Gesellschaft erfolgte zum Teil über eine österreichische GmbH, die unter Aufnahme eines Kredits die Maschinen ankaufte und an die Gesellschaft in Dubai verleaste. Da mit dem Steinbruch nicht die erwartete Produktion erzielt werden konnte, benötigte die Gesellschaft in Dubai weiteres Geld, das ihr durch einen von der österreichischen GmbH aufgenommenen Kredit beschafft werden sollte.
Die Kläger bürgten als Gesellschafter der GmbH der kreditgebenden Bank für jeweils ein Viertel der Kreditsumme. Die Gesellschafter der in Dubai tätigen Gesellschaft, darunter die Beklagten, sollten dafür eine ihrer Beteiligung entsprechende Haftung gegenüber den Klägern für den Fall übernehmen, dass die Kläger als Bürgen von der österreichischen GmbH kein Geld zurückbekämen (Subbürgschaften). Zwei der Gesellschafter (Viert- und Fünftbeklagter) unterzeichneten sogleich solche Haftungserklärungen. Zwei weitere (Erst- und Zweitbeklagter) unterfertigten erst nach einem weiteren Finanzierungsengpass entsprechende Erklärungen, die sie per Fax übermittelten.
Da die österreichische GmbH den Kredit nicht zurückzahlen konnte, wurden die Kläger von der Bank als Bürgen in Anspruch genommen. Sie begehrten von den Beklagten die Rückerstattung der Beträge in Höhe der Subbürgschaften.
Der Erst- und der Zweitbeklagte, ein Rechtsanwalt, wandten ein, dass nur eine schriftliche Bürgschaftserklärung wirksam sei. Ein Fax genüge nicht, sodass ihre Subbürgschaftserklärungen formungültig seien. Der Viert- und der Fünftbeklagte meinten, nicht zu haften, weil die Kläger ihren Regressanspruch gegen die österreichische Gesellschaft wegen einer Krise der Gesellschaft nicht geltend machen dürften. Aufgrund der Akzessorietät der Subbürgschaften sei der Anspruch auch gegen sie nicht durchsetzbar.
Das Erstgericht gab der Klage teilweise statt. Die Bürgschaftserklärung des Erstbeklagten entspreche nicht dem gesetzlichen Formgebot. Dass sich Bürgen in einer Krise der Gesellschaft nicht bei ihr regressieren dürften, hindere sie nicht, allfällige Sicherheiten wie hier die Subbürgschaftserklärungen geltend zu machen. Die Zweit- bis Fünftbeklagten würden daher nach ihrem jeweiligen Anteil an der Gesellschaft in Dubai haften.
Das Berufungsgericht gab den Berufungen der Beklagten teilweise Folge. Auch die Bürgschaft des Zweitbeklagten sei nach der Rechtsprechung formungültig. Da die Beklagten nicht erkennen hätten müssen, dass sie auch dann haften sollen, wenn die Bürgen ihren Regressanspruch wegen einer Krise der österreichischen Gesellschaft nicht geltend machen können, könnten sie sich auf die Undurchsetzbarkeit ihrer Subhaftungserklärungen berufen.
Der Oberste Gerichtshof führte zur Frage der Formgültigkeit der Subbürgschaften aus, dass das Gesetz für die Wirksamkeit einer Bürgschaft Schriftform vorsieht, wofür es auch der Unterschrift des Bürgen bedarf. Er setzte sich ausführlich mit der bisherigen Rechtsprechung sowie mit der Literatur zur Frage auseinander, was „Schriftlichkeit“ bedeutet (auch Telegramm, Telefax, SMS, E-mail etc?) und legte dar, dass dafür auch auf den Zweck einer gesetzlichen Formvorschrift Bedacht zu nehmen ist. Bei der Bürgschaft soll die Schriftform übereilte mündliche Zusagen eines Bürgen verhindern. Entgegen einer früheren Entscheidung wird dieser Zweck aber auch erreicht, wenn der Bürge seine Haftungserklärung eigenhändig unterschreibt, in der Folge aber nicht die Originalurkunde versendet, sondern seine Erklärung dem Gläubiger faxt. Eine per Fax übermittelte Bürgschaftserklärung ist demnach formwirksam.
Zur Frage der Durchsetzbarkeit der Haftungserklärungen des Viert- und des Fünftbeklagten vertrat der Oberste Gerichtshof die Auffassung, dass es ein Wertungswiderspruch wäre, wenn eine Subbürgschaft, die selbst einen insolvenzbedingten Zahlungsausfall des Hauptschuldners besichern soll, für eine nur insolvenznahe Zahlungsschwierigkeit des Hauptschuldners – hier eine Krise der österreichischen Gesellschaft – nicht gilt. Mangels eines gegenteiligen Vertragswillens wird für den Regelfall davon auszugehen sein, dass eine den Regressanspruch des Hauptbürgen besichernde Subbürgschaft auch eine krisenbedingte Uneinbringlichkeit dieses Anspruchs besichert.
Im Ergebnis verpflichtete der Oberste Gerichtshof damit alle vier Beklagten zur Zahlung im Ausmaß ihrer Haftungserklärungen.