Kartellrechtliche Verbotsbestimmungen sind auch schadenersatzrechtlich relevante Verbotsnormen
Kartellrechtliche Verbotsbestimmungen sind auch schadenersatzrechtlich relevante Verbotsnormen, haben sie doch auch den Zweck, Übervorteilungen der Marktteilnehmer auf der Marktgegenseite durch Absprachen von Kartellanten zu verhindern.Die Beteiligung an einem verbotenen Kartell kann die gesamtschuldnerische Haftung für Schadenersatzansprüche und daher den Gerichtsstand der Streitgenossenschaft begründen.
Die Klägerin lastet Erst- und Dritt- bis Siebtbeklagten an, sie hätten gemeinsam ein verbotenes Kartell („Aufzugskartell“) gebildet, welches sich auf das gesamte österreichische Bundesgebiet erstreckt habe. Die Beklagten hafteten solidarisch für die der Klägerin dadurch entstandenen vermögensrechtlichen Nachteile. Durch die Kartellabsprachen dieser Unternehmen unter Beteiligung der Zweit- und des Achtbeklagten hätten die Kartellanten einen effektiven Preiswettbewerb bei Errichtung und Wartung von Aufzugsanlagen verhindert und das Preisniveau künstlich angehoben.
Der Oberste Gerichtshof, der in diesem Zusammenhang Fragen der internationalen und örtlichen Zuständigkeit zu klären hatte, führte ua aus:
Die Verantwortlichkeit mehrerer an einer einheitlichen Zuwiderhandlung beteiligter Unternehmen erstreckt sich auf die gesamte Dauer der Zuwiderhandlung und umfasst auch Verhaltensweisen anderer Kartellmitglieder, an denen ein betroffenes Unternehmen selbst nicht beteiligt ist, sofern sie im Rahmen des Gesamtkartells (der Grundvereinbarung) erfolgen. Voraussetzung dafür ist, dass das Unternehmen wusste oder wissen musste, dass es sich an einem auf Wettbewerbsverfälschung abzielenden Gesamtkartell beteiligte und vom Verhalten der anderen Kartellmitglieder wusste, wissen musste oder es hätte voraussehen müssen und bereit war, das Risiko auf sich zu nehmen. Sind an einer Zuwiderhandlung mehrere Mittäter beteiligt, kann die Verantwortung des einzelnen Unternehmens für die Gesamtzuwiderhandlung einschließlich des Verhaltens, das von anderen beteiligten Unternehmen an den Tag gelegt worden ist, aber dieselbe wettbewerbswidrige Bestimmung oder Wirkung hat, nicht schon allein deshalb ausgeschlossen sein, weil jedes Unternehmen sich auf eine ihm eigene Art und Weise an der Zuwiderhandlung beteiligt.
Die Verbotsbestimmungen des § 18 Abs 1 Z 1 KartG 1988 und Art 81 EGV (nunmehr Art 101 AEUV) haben neben wettbewerbsrechtlichen Zwecken gerade auch den Zweck, Übervorteilungen der Marktteilnehmer auf der Marktgegenseite durch Absprachen von Kartellanten zu verhindern. Ein Verstoß gegen den Schutzzweck der Norm iSd § 1311 ABGB führt im deliktischen Bereich zur Haftung gemeinschaftlich handelnder Täter, wenn, wie oben ausgeführt, jeder von ihnen eine conditio sine qua non für denselben Schaden gesetzt hat. Die solidarische Haftung ergibt sich diesfalls aus § 1302 ABGB. Mehrere Täter, die mit dem gemeinsamen Vorsatz handeln, eine Norm zu übertreten, die Schädigungen vorbeugen will, trifft eine solidarische Haftung, ohne dass sich der Vorsatz auf den vollen Schadenserfolg erstrecken müsste.
Die Zurechnung einer gesetzwidrigen Handlung an eine für eine juristische Person handelnde natürliche Person setzt voraus, dass diese in ihrer Eigenschaft als Organ in Ausführung der ihr zustehenden Aufgaben gesetzwidrig gehandelt hat, wobei dieses Handeln im objektiven Zusammenhang mit dem dem Organ zugewiesenen Wirkungsbereich stehen muss. Das gilt auch bei Verstößen gegen kartellrechtliche Vorschriften.
Schadenersatzansprüche von Gläubigern der Gesellschaft gegen den Geschäftsführer sind dann denkbar, wenn er Verstöße selbst begangen hat, an diesen aktiv beteiligt war oder gegen solche trotz Kenntnis bzw fahrlässiger Unkenntnis des Verstoßes nichts unternommen hat.