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Kein gutgläubiger Erwerb eines Fahrzeugs, wenn in die Urkunden für die Typengenehmigung nicht Einsicht genommen wird

 
 

Der Käufer eines Kraftfahrzeugs muss jedenfalls in den Typenschein und bei nicht in Österreich typengenehmigten Fahrzeugen in die EG-Übereinstimmungsbescheinigung (Certificate of Conformity, COC) Einsicht nehmen. Handelt es sich um ein „vervollständigtes“ Fahrzeug, so muss nach Einsichtnahme in das COC der Stufe 1 die Vorlage des COC der Stufe 2 verlangt werden.

Die Klägerin hat von einem Fahrzeughändler ein Fahrzeug gekauft. Die Beklagte, ein Leasingunternehmen, hatte zuvor das Fahrzeug an einen Fahrzeughändler verleast. Dieser hat das Fahrzeug ohne Ermächtigung an einen anderen Fahrzeughändler verkauft. Letztlich landete das Fahrzeug bei der Klägerin.

Beim Fahrzeug handelt es sich um ein sogenanntes vervollständigtes Fahrzeug im Sinn der EU-Richtlinie 2007/46/EG. Bei einem solchen Fahrzeug gibt es mehrere Hersteller (für das Fahrgestell und für den Aufbau). Jeder Hersteller stellt eine EG-Übereinstimmungsbescheinigung  (COC) aus. Im COC der Stufe 1 wird auf das COC der Stufe 2 hingewiesen. Ein Eigentumsvorbehalt wird nur im COC 2 angemerkt. Das COC ersetzt den Typenschein; einen solchen gibt es nur mehr bei in Österreich typengenehmigten Fahrzeugen. Für Fahrzeughändler ist es üblich, dass sie das COC 1 genau durchlesen und bei einem Hinweis auf das COC 2 dessen Vorlage verlangen.

Die Klägerin begehrte die Feststellung, dass sie Eigentümerin des Fahrzeugs sei.

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab.

Der Oberste Gerichtshof billigte diese Entscheidung und führte aus:

Es ist Sache des Käufers eines Kraftfahrzeugs, sich durch Einsichtnahme in den Typenschein von der Rechtmäßigkeit des Besitzes seines Vorgängers bzw von dessen Verfügungsbefugnis zu überzeugen. Ergibt sich aus der Einsichtnahme in den Typenschein nicht eindeutig die Berechtigung des Veräußerers, so sind weitere Nachforschungen anzustellen. Speziell gilt dies auch im Kraftfahrzeughandel, weil Kraftfahrzeuge häufig unter Eigentumsvorbehalt verkauft werden.

Für Fahrzeuge ohne österreichische Typengenehmigung, also mit einer EG Betriebserlaubnis, wird der Typenschein durch die EG-Übereinstimmungsbescheinigung (Certificate of Conformity, COC) im Sinn der Richtlinie 2007/46/EG ersetzt. Ein Käufer hat jedenfalls in den Typenschein Einsicht zu nehmen, was ebenso für das COC gilt. Die Vertreter der beteiligten Fahrzeughändler, so auch der Klägerin, haben das COC 1 auch tatsächlich durchgesehen. Bei Einhaltung der objektiv gebotenen Sorgfalt hätten sie ohne das COC 2 vom Ankauf des Fahrzeugs Abstand nehmen müssen. Die Voraussetzungen für einen gutgläubigen Eigentumserwerb durch die Klägerin liegen nicht vor.

Zum Volltext im RIS

 
ogh.gv.at | 15.11.2024, 12:11
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/kein-gutglaeubiger-erwerb-eines-fahrzeugs-wenn-in-die-urkunden-fuer-die-typengenehmigung-nicht-einsicht-genommen-wird/)

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