Kein Schutz aus der gesetzlichen Unfallversicherung bei leicht erkennbarer Gefahr
Kein Unfallversicherungsschutz bei einem Sprung von einer 1,80 m hohen Mauer, um nach der Vorbesprechung eines Vortrags für einen Medizinkongress aus einem zu mitternächtlicher Stunde bereits versperrten Münchner Biergarten zu gelangen.
Der 1957 geborene Kläger erlitt im Rahmen einer Dienstreise zu einem Kongress nach München nach der Begrüßungsveranstaltung, die am Abend des 23. Juli 2015 in einem Biergarten stattfand, einen Unfall: Er und eine Mitarbeiterin der von ihm präsidierten medizinischen Gesellschaft besprachen den folgenden Kongresstag, an dem der Kläger einen Vortrag halten sollte, und bemerkten – bereits nach Mitternacht – als letzte Gäste, dass der Biergarten in der Zwischenzeit versperrt worden war. Sie kletterten im Dunkeln auf die 1,80 m hohe Begrenzungsmauer des Biergartens und sprangen auf der anderen Seite hinunter. Dabei zog sich der Kläger am linken Fuß eine Fersenbeintrümmerfraktur, eine Fraktur der großen Zehe sowie Prellungen zu.
Die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter qualifizierte den Unfall nicht als Dienstunfall und lehnte die Gewährung von Leistungen ab. Auch das Erstgericht und das Berufungsgericht wiesen die auf Gewährung von Leistungen aus der Unfallversicherung gerichtete Klage ab.
Der OGH wies die außerordentliche Revision des Klägers wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage zurück.
Die höchstgerichtliche Rechtsprechung verneint einen Kausalzusammenhang zur versicherten Tätigkeit, wenn der Unfall auf einem völlig unvernünftigen und unsinnigen Verhalten des Versicherten beruht, das eine besondere Gefährdung auslöst, weshalb die versicherte Tätigkeit nicht mehr als wesentliche Bedingung für den Unfall anzusehen ist. Ähnlich wird judiziert, dass sich der Versicherte ohne jeden inneren Zusammenhang mit seiner geschützten Tätigkeit einer leicht erkennbaren Gefahr aussetzt und von dieser Gefahr ereilt wird.
Die Beurteilung, ob im konkreten Fall ein Verhalten in so hohem Maß vernunftwidrig war und zu einer solchen besonderen Gefährdung geführt hat, dass die versicherte Tätigkeit nicht mehr als wesentliche Bedingung für den Unfall anzusehen ist, hat stets nach den Umständen des Einzelfalls zu erfolgen. Das von den Vorinstanzen erzielte Ergebnis liegt im Rahmen der höchstgerichtlichen Rechtsprechung. Zuletzt hat der Oberste Gerichtshof etwa in der Entscheidung 10 ObS 86/15t den Unfallversicherungsschutz bei dem Versuch, ein Haus über ein Fenster im ersten Stock mittels einer provisorisch angelegten Leiter zu betreten, verneint, weil sich der Versicherte ohne jeden inneren Zusammenhang mit seiner geschützten Tätigkeit einer leicht erkennbaren Gefahr ausgesetzt hat und von dieser Gefahr ereilt wurde.