Keine Amtshaftung für Vermögensschäden, weil Organe der Bundes-Wertpapieraufsicht (BWA; jetzt FMA) keine Strafanzeige erstatteten
Die Verpflichtung einer Behörde oder öffentlichen Dienststelle, Strafanzeige zu erstatten, verfolgt nicht den Zweck, Vermögensschäden zu verhindern, die nach dem Zeitpunkt der unterlassenen Strafanzeige eintreten.
Die Kläger begehrten aus dem Titel der Amtshaftung Schadenersatz, unter anderem mit dem Vorbringen, dass den Organe der BWA bereits bei der Vor-Ort-Prüfung in den Jahren 2000/2001 Umstände bekannt geworden seien, die den Verdacht einer von Amts wegen zu verfolgenden strafbaren Handlung, erweckt hätten. Wäre bereits damals eine Strafanzeige erstattet worden, wäre der von diesem Wertpapierdienstleistungsunternehmen vermittelte Genussscheinverkauf noch vor ihren Investitionen zum Erliegen gekommen, sodass sie auch keinen Schaden erlitten hätten.
Das Erstgericht folgte dieser Argumentation und gab den Amtshaftungsklagen statt. Das Berufungsgericht wies hingegen die Klagebegehren ab.
Der Oberste Gerichtshof bestätigte das Urteil des Berufungsgerichts. Behörden oder öffentliche Dienststellen sind nach der Strafprozessordnung zwar verpflichtet, bei Bekanntwerden des Verdachts einer von Amts wegen zu verfolgenden strafbaren Handlung, die ihren gesetzmäßigen Wirkungsbereich betrifft, eine Anzeige an eine Staatsanwaltschaft oder Sicherheitsbehörde zu erstatten. Diese Verpflichtung verfolgt aber nicht den Zweck, den Eintritt von Vermögensschäden zu verhindern, die nach dem Zeitpunkt der unterlassenen Strafanzeige eintreten. Potentiell künftig am Vermögen Geschädigte sind vom Schutzzweck der Bestimmung über die Anzeigepflicht nicht erfasst. Da die Organe der BWA wegen der noch während der Vor-Ort-Prüfung erfolgten Umstrukturierungen vertretbar von weiteren Prüfschritten und von gesetzlich grundsätzlich möglichen Maßnahmen Abstand genommen haben, waren die behaupteten Amtshaftungsansprüche insgesamt zu verneinen.