Keine Haftung der Republik Österreich (Bund) für die unbegleitete Ausreise einer Minderjährigen aus dem Schengen-Raum
Keine Verdachtsmomente für ein Ausreisen der Minderjährigen ohne Zustimmung der Eltern.
Am 10. 4. 2014 verließ die damals 15-jährige Tochter der Kläger ohne deren Wissen und Zustimmung gemeinsam mit einer etwa ein Jahr älteren Freundin über den Flughafen Wien Schwechat das Bundesgebiet, um über Istanbul nach Adana zu fliegen. Sie führte ihren Reisepass sowie das Flugticket mit sich und verfügte über ein für die Türkei erforderliches Visum. Beide Mädchen reisten schließlich mit dem Auto nach Syrien, wo sich die Tochter der Kläger vermutlich heute noch aufhält.
Die Eltern begehrten aus dem Titel der Amtshaftung anteiligen Ersatz für die Aufwendungen, die ihnen bei Versuchen, den Aufenthaltsort ihrer Tochter zu ermitteln, Kontakt zu ihr herzustellen und ihr die Rückkehr zu ermöglichen, entstanden seien, sowie die Feststellung, dass die beklagte Republik ihnen für alle zukünftigen Schäden und Nachteile im Zusammenhang mit dem Grenzübertritt ihrer Tochter hafte.
Das Berufungsgericht bestätigte das die Klage abweisende Urteil des Erstgerichts.
Der Oberste Gerichtshof wies die Revision der Kläger zurück. Nach dem Schengener Grenzkodex haben sich Grenzschutzbeamte bei Minderjährigen ohne Begleitung durch eingehende Kontrolle der Reisedokumente und Reisebelege vor allem darüber zu vergewissern, dass die Minderjährigen das Staatsgebiet nicht gegen den Willen des/der Sorgeberechtigten verlassen. Die Auffassung, dass nicht in jedem Fall eines allein reisenden Minderjährigen die Zustimmung des Obsorgeberechtigten zur Ausreise nachzuprüfen sei, sondern nur bei Verdachtsmomenten, beruht auf einer vertretbaren Rechtsansicht. Konkrete Verdachtsmomente für ein Ausreisen der Minderjährigen ohne Zustimmung der Eltern sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Dass die Tochter der Kläger über ihren Reisepass und das erforderliche Visum verfügte, konnte vielmehr als Indiz für ihr Einverständnis gewertet werden.