Zum Hauptinhalt
 
 
 
 

Keine Teilverjährung des Schmerzengeldanspruchs bei Einbringen einer Feststellungsklage

 
 

Den Geschädigten trifft keine verjährungsrechtliche Obliegenheit, eine Teilbemessung des Schmerzengelds mit Klage zu erwirken, auch wenn eine solche schon möglich wäre.

Der Kläger erlitt bei einem Unfall am 4. April 2013 schwerste innere Verletzungen. Da der schuldtragende Unfallgegner im Ausland ansässig war, kann er den beklagten „Verband der Versicherungsunternehmen Österreichs“ auf Schadenersatz in Anspruch nehmen. Zu diesem Zweck erhob er zunächst am 19. April 2014 eine Klage auf Feststellung der Haftung des Beklagten für alle Schäden aus dem Unfall. Zu diesem Zeitpunkt war der weitere Heilungsverlauf noch nicht abzusehen. Der Klage wurde rechtskräftig stattgegeben.

Am 26. Februar 2018 klagte der Verletzte auf Schmerzengeld von 70.000 EUR, wobei er sein Begehren nach Vorliegen eines medizinischen Gutachtens auf knapp 84.000 EUR ausdehnte. Der beklagte Verband wandte ein, dass Schmerzengeldansprüche für die Zeit bis zum Einbringen der Feststellungsklage verjährt seien, weil der Kläger diese bereits damals mit Leistungsklage hätte geltend machen können.

Der Oberste Gerichtshof verneinte die Verjährung. Zwar unterbricht eine Feststellungsklage die (grundsätzlich dreijährige) Verjährung im Allgemeinen nur für solche Ansprüche, die bei deren Einbringen noch nicht fällig waren. Beim Schmerzengeld gilt allerdings der Grundsatz der Globalbemessung: Über den Anspruch soll in der Regel nur einmal und zwar dann entschieden werden, wenn alle Verletzungsfolgen absehbar sind. Zwar ist – im Interesse des Geschädigten – unter gewissen Voraussetzungen schon früher eine Teilbemessung möglich. Den Geschädigten trifft aber keine verjährungsrechtliche Obliegenheit, eine solche Teilbemessung mit Klage zu erwirken. Hat der Geschädigte die Feststellungsklage zu einem Zeitpunkt erhoben, in dem die Globalbemessung noch nicht möglich war, wird dadurch die Verjährung des gesamten Schmerzengeldanspruchs unterbrochen; es gibt also keine „Teilverjährung“. Daher war dem Kläger das gesamte von ihm begehrte Schmerzengeld, das aufgrund der erlittenen Schmerzen der Höhe nach angemessen war, zuzusprechen.

Zum Volltext im RIS.

 
ogh.gv.at | 15.11.2024, 12:11
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/keine-teilverjaehrung-des-schmerzengeldanspruchs-bei-einbringen-einer-feststellungsklage/)

Oberster Gerichtshof  |  Schmerlingplatz 11 , A-1010 Wien  |  Telefon: +43 1 52152 0  |  Telefax: +43 1 52152 3710