Keine vertragliche Haftung des Vermieters von Räumlichkeiten, in denen eine Arztpraxis betrieben wird, gegenüber einem Patienten des Mieters
Der den Arzt aufsuchende Patient ist von den Schutzwirkungen des Mietvertrags zwischen Arzt und Vermieter nicht umfasst. In Frage kommt nur die deliktische Haftung des Vermieters nach allgemeinen Grundsätzen des Schadenersatzrechts.
Der Kläger, der seinen Internisten aufsuchen wollte, kam auf einer schneeglatten Stelle im Innenhof des Hauses, in dem der Arzt in gemieteten Räumlichkeiten seine Ordination betreibt, zu Sturz. Zuständig für die Betreuung des Hofs war die Hausbesorgerin, die diese Aufgabe seit vielen Jahren stets zuverlässig erfüllte.
Der Kläger begehrte von der Vermieterin Schadenersatz. Er vertrat die Ansicht, der Mietvertrag entfalte auch Schutzwirkungen zugunsten der Patienten des Mieters.
Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren mit einer geringfügigen Ausnahme statt. Sie bejahten die Haftung der beklagten Vermieterin nach vertraglichen Grundsätzen. Der Abschluss eines Mietvertrags über die Ordination eines Arztes sei geradezu darauf ausgerichtet, den Kontakt der Patienten zur Hauptleistung des Vertrags zu ermöglichen. Der Mietvertrag entfalte daher Schutzwirkungen zugunsten der Patienten.
Der Oberste Gerichtshof wies das Klagebegehren ab. Er hielt unter Berücksichtigung der Vorjudikatur fest, dass nur solche Dritte von den Schutzwirkungen eines Bestandvertrags erfasst sein könnten, die das Bestandobjekt in ähnlicher Intensität und Häufigkeit nutzen, wie der Mieter selbst. Ein nur kurzfristiger Aufenthalt im Bestandobjekt reiche daher nicht aus. Eine andere Beurteilung würde zu einer uferlosen Ausweitung der Vertragshaftung des Vermieters beitragen. Abhilfe sei nicht in der Erfindung immer neuer Anwendungsfälle des Konstrukts eines Vertrags mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter, sondern in einer gesetzlichen Neuregelung der Gehilfenhaftung zu suchen. Die Voraussetzungen für eine deliktische Haftung lagen nicht vor.