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Keine wirksam vereinbarte „Vorfälligkeitsentschädigung“ zugunsten einer ausländischen Bank

 
 

Die Klausel, wonach sich der Verbraucher bei vorzeitiger Kündigung eines „Vorausdarlehens“ zur Zahlung einer „Vorfälligkeitsentschädigung“ verpflichtet, ist intransparent, wenn sie weder eine konkrete Frist, noch Parameter zur Berechnung der Höhe enthält.

Der Kläger, ein österreichischer Verbraucher, benötigte eine Finanzierung für einen privaten (Eigentums-)Wohnungsumbau. Nach Besichtigung des vom Umbau betroffenen Objekts durch die zuständige Mitarbeiterin schloss er mit einer deutschen Bank einen Vertrag über ein Finanzierungsmodell ab, mit dem er durch ein „Vorausdarlehen“ eine sofortige Finanzierung bis zur Zuteilung des Bauspardarlehens erhielt. Bis dahin sollten laufend Sparbeitragszahlungen auf den Bausparvertrag und zu dem bis 31. 10. 2019 zinsgebundenen „Vorausdarlehen“ nur Zinszahlungen vorgenommen werden. Nach Ablösung des „Vorausdarlehens“ durch die Bausparsumme sollte das Bauspardarlehen als Abzahlungsdarlehen weitergeführt werden. Den ihm übermittelten Vertrag unterschrieb der Kläger in Österreich. Eine der – vorformulierten und nicht gesondert besprochenen – Vertragsbestimmungen legt die Anwendung deutschen Rechts fest; eine andere enthält eine Regelung, wonach eine vorzeitige Rückzahlung des Vorausdarlehens nur unter Leistung einer mit der Bank zu vereinbarenden „Vorfälligkeitsentschädigung“ möglich ist.

Die Vorinstanzen wiesen die Klage, mit der der Kläger die Feststellung der Unwirksamkeit der Vereinbarung einer „Vorfälligkeitsentschädigung“ begehrte, ab, weil sie – unter Anwendung deutschen Rechts – von der Wirksamkeit dieser vertraglichen Regelung ausgingen.

Der Oberste Gerichtshof teilte die Rechtsansicht der Vorinstanzen nicht und führte aus: Der im Oktober 2009 zwischen einem inländischen Verbraucher und einer ausländischen Bank abgeschlossene Darlehensvertrag, der der Finanzierung eines privaten Wohnungsumbaus dient, ist ein Verbrauchervertrag nach dem Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht. Nach diesem Übereinkommen darf bei einem Verbrauchervertrag eine Rechtswahl nicht dazu führen, dass dem Verbraucher der durch die zwingenden Bestimmungen des Rechts „seines“ Staates gewährte Schutz entzogen wird, wenn ihm – wie im Anlassfall – ein Anbot dorthin zugeschickt wurde und er den Vertrag in seinem Aufenthaltsstaat unterschrieb, also die zum Abschluss des Vertrags erforderlichen Rechtshandlungen dort vornahm.

Das Fehlen eines Hinweises auf den Schutz durch die zwingenden Bestimmungen des Rechts des Verbrauchers führt zur Qualifikation der vorformulierten Klausel als missbräuchlich. Dies hat nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Folge, dass sie – als „unverbindlich“ bzw. „nichtig“ – nicht anzuwenden ist. Kommt aber die Rechtswahlklausel nicht zur Anwendung, ist nach dem Übereinkommen das Recht des Verbrauchers (und damit österreichisches Recht) maßgebend. Die Klausel über die Vereinbarung einer „Vorfälligkeitsentschädigung“ bei vorzeitiger Kündigung ist nach österreichischem Recht intransparent, weil sie weder eine klare Frist, noch Parameter zur Höhe einer „Vorfälligkeitsentschädigung“ enthält.

Zum Volltext im RIS.

 
ogh.gv.at | 21.12.2024, 14:12
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/keine-wirksam-vereinbarte-vorfaelligkeitsentschaedigung-zugunsten-einer-auslaendischen-bank/)

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