Kündigung einer Arbeitnehmerin in Elternteilzeit bei Betriebsumstrukturierung
Eine Zustimmung des Gerichts zur Kündigung einer Arbeitnehmerin in Elternteilzeit iSd MutterschutzG setzt voraus, dass das Dienstverhältnis wegen einer Einschränkung oder Stilllegung des Betriebes oder der Stilllegung einzelner Betriebsabteilungen nicht ohne Schaden für den Betrieb weiter aufrecht erhalten kann. Werden diese Tatbestandsvoraussetzungen in der Klage nicht hinreichend konkret behauptet, so ist sie abzuweisen.
Die Beklagte begann im Mai 2003 ein Dienstverhältnis bei einer GmbH in Österreich als Key Account Managerin. Seit September 2015 nimmt sie Elternteilzeit in Anspruch; sie wurde jedoch dienstfrei gestellt.
Die Klägerin (ein Unternehmen in Deutschland) begehrte die Zustimmung des Gerichts zur Kündigung der Beklagten. Der Verkaufsbereich der österreichischen GmbH sei umstrukturiert worden; das gesamte Key Account Management am bisherigen Standort sei „aufgelöst“ worden und werde seither direkt von Deutschland aus durchgeführt; in Österreich gebe es nur noch einen Schauraum. Das Dienstverhältnis mit der Beklagten sei durch einen (Teil-)Betriebsübergang auf die Klägerin übergegangen. Es sei der Klägerin nicht zumutbar, für die Beklagte in Österreich einen Ersatzarbeitsplatz zu schaffen. Die Voraussetzungen für eine Kündigung seien daher erfüllt.
Die Beklagte wendete ein, der Betrieb sei weder eingeschränkt noch stillgelegt worden. Der Standort existiere nach wie vor; die Beklagte könne daher weiter beschäftigt werden.
Sowohl im Betrieb der GmbH als auch am Betriebssitz der Klägerin in Deutschland bestehen Betriebsräte. Von der Einbringung der Klage auf Zustimmung zur Kündigung wurde keiner verständigt.
Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab und begründeten dies im Wesentlichen damit, dass die Klägerin unstrittig keinen Betriebsrat von der Klage verständigt habe.
Der Oberste Gerichtshof wies die Revision der Klägerin zurück und führte aus:
Die Fragen des zuständigen Betriebsrats sowie der Rechtsfolgen (s)einer unterbliebenen Verständigung wären für die Entscheidung über das Klagebegehren nur dann von Bedeutung, wenn das Vorbringen der Klägerin für eine gerichtliche Zustimmung zur Kündigung der Beklagten ausreichte. Dies ist jedoch nicht der Fall.
Nach dem Gesetz (§ 10 Abs 3 MSchG) ist die Zustimmung des Gerichts zur Kündigung nur dann zu erteilen, wenn der Dienstgeber das Dienstverhältnis wegen einer Einschränkung oder Stilllegung des Betriebes oder der Stilllegung einzelner Betriebsabteilungen nicht ohne Schaden für den Betrieb weiter aufrecht erhalten kann, oder wenn sich die Dienstnehmerin vor dem Gericht mit der Kündigung einverstanden erklärt. Nach Stilllegung des Betriebes ist eine Zustimmung des Gerichts zur Kündigung nicht erforderlich; sie kann in diesem Fall nicht mehr eingeholt werden.
Eine Betriebsstilllegung setzt voraus, dass die Organisationseinheit als solche dauerhaft (nicht nur vorübergehend) nicht mehr fortbesteht. Betriebseinschränkungen sind bei Verlust eines Großteils der bisherigen Agenden des Unternehmens oder bei saisonbedingtem Mangel an Aufträgen anzunehmen.
Die Klägerin behauptet einerseits einen (teilweisen) Betriebsübergang bzw einen Übergang des Arbeitsverhältnisses, der jedoch nach den vorstehenden Begriffsbestimmungen eine Zustimmung des Gerichts zur Kündigung der Beklagten nicht rechtfertigen könnte. Andererseits stützt sie sich zwar auf eine Änderung in der Organisationseinheit (am Arbeitsplatz und im Tätigkeitsbereich der Beklagten), sie behauptet jedoch selbst nicht, dass dieser Betriebsteil (Standort) auf Dauer nicht mehr fortbestehen würde, sondern nur, dass dessen Aufgabenbereich nun anders fortgeführt werde. Diesem Vorbringen lassen sich aber ebenfalls keine ausreichenden Tatbestandsvoraussetzungen für eine mögliche gerichtliche Zustimmung zur Kündigung entnehmen, weil damit weder eine Einschränkung noch eine Stilllegung des Betriebs im Sinn des § 10 Abs 3 MSchG behauptet wird.
Soweit sich die Klägerin auch darauf stützt, dass der Betrieb, in dem die Beklagten vor ihrer zweiten Karenz (und für ihre frühere Arbeitgeberin) tätig gewesen sei, bereits „stillgelegt“ bzw zu einem bloßen „Schauraum“ umfunktioniert worden sei, wäre das Klagebegehren – unabhängig von der hier noch ungeklärten Frage der Aktivlegitimation der Klägerin als neue Arbeitgeberin – ebenfalls unberechtigt, weil diesfalls eine gerichtliche Zustimmung zur Kündigung gemäß § 10 Abs 3 vierter Satz MSchG nicht erforderlich wäre. Auf andere Gründe hat die Klägerin ihr Begehren nicht gestützt.