Kündigung wegen längerer Krankenstände und Fragen der Behindertendiskriminierung
Wird ein Arbeitnehmer wegen längerer Krankenstände gekündigt, setzt eine mittelbare Diskriminierung wegen Behinderung voraus, dass er im Kündigungszeitpunkt dem geschützten Personenkreis der Behinderten angehört.
Nach dem Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) darf niemand aufgrund einer Behinderung im Zusammenhang mit einem Dienstverhältnis, insbesondere auch nicht bei der Beendigung des Dienstverhältnisses, unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden. Als Behinderung gilt die Auswirkung einer voraussichtlich mehr als sechs Monate dauernden körperlichen, geistigen oder psychischen Beeinträchtigung der (Sinnes-)Funktionen.
Die Klägerin war nach einer Operation ca zweieinhalb Monate im Krankenstand und sollte auch danach bestimmte Tätigkeiten vermeiden (10 kg Hebebeschränkung ua), wobei die ärztlichen Empfehlungen über die Dauer der Einschränkungen divergierten. Im späteren Kündigungszeitpunkt hatte die Klägerin keine Funktionseinschränkungen mehr. Sie wurde wegen ihrer Fehlzeiten gekündigt, die aus verschiedenen, nie sechs Monate übersteigenden Krankenständen resultierten.
Der Oberste Gerichtshof wies ihr Begehren, die Kündigung wegen Behindertendiskriminierung für rechtsunwirksam zu erklären, ab.
Eine unmittelbare Diskriminierung lag im zu beurteilenden Fall nicht vor. Eine mittelbare Diskriminierung kann dann vorliegen, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Menschen mit Behinderungen ohne sachliche Rechtfertigung und angemessene und erforderliche Mittel in besonderer Weise benachteiligen können. Das kann bei undifferenzierter Gleichsetzung von Fehlzeiten wegen mit einer Behinderung im Zusammenhang stehenden Krankheiten und allgemeiner „schlichter“ Krankheit der Fall sein. Ein behinderter Arbeitnehmer hat nämlich typischerweise ein zusätzliches Risiko von mit seiner Krankheit zusammenhängenden Krankenständen und ist auf diese Weise einem höheren Risiko im Zusammenhang mit der Beendigung seines Dienstverhältnisses ausgesetzt.
Für eine mittelbare Diskriminierung ist aber überdies erforderlich, dass die betroffene Person zum Zeitpunkt der Kündigung noch zum geschützten Personenkreis zählt. Hier resultierten die Fehlzeiten der Klägerin aus keiner Behinderung. Ungeachtet der verschiedenen Prognosen über die Dauer ihrer Funktionsbeeinträchtigungen gehörte die Klägerin im Kündigungszeitpunkt auch nicht mehr dem geschützten Personenkreis der Behinderten an. Auch eine mittelbare Diskriminierung der Klägerin wegen Behinderung war daher zu verneinen.