Lastenfreie Abschreibung einer Teilfläche von einem Grundstück?
Verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie steht ungeprüftem Rechtsverlust des Buchberechtigten im vereinfachten Verfahren nach §§ 15 ff LiegTeilG entgegen (hier: lastenfreie Abschreibung eines Grundstücksteils von einer dienstbarkeitsbelasteten Liegenschaft).
Das Erstgericht verbücherte einen Anmeldungsbogen im vereinfachten Verfahren nach den §§ 15 LiegTeilG und ordnete dabei ua die lastenfreie Abschreibung einer Teilfläche im Ausmaß von 13 m² von einem Grundstück an, ob welchem die Dienstbarkeit der elektrischen Leitung für die Rechtsmittelwerberin verbüchert war.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung.
Die Dienstbarkeitsberechtigte bekämpfte diese lastenfreie Abschreibung, weil der (teilweise) Wegfall der dienenden Grundfläche faktisch zur Unterbrechung ihres Leistungssystems führen würde und für die – lastenfreie – Abschreibung eine gesetzliche Grundlage fehle.
Der OGH gab dem Revisionsrekurs Folge und hob die Beschlüsse der Vorinstanzen zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung durch das Erstgericht auf:
Das Verfahren nach den §§ 15 ff LiegTeilG zeichnet sich durch einen reduzierten Rechtsschutz im erstinstanzlichen Verfahren aus, der es gerade nicht nahe legt, (auch) der Beschneidung des rechtliche Gehörs im Rechtsmittelverfahren durch die Verneinung seiner Mehrseitigkeit im Wege einer einschränkenden Auslegung des § 32 Satz 2 LiegTeilG das Wort zu reden; vielmehr ist der unzweideutigen Gesetzeslage zu folgen, wonach das Rechtsmittelverfahren nach den §§ 15 ff LiegTeilG bei Entscheidungen „über die Sache“ entsprechend § 48 Abs 1 AußStrG nF zweiseitig ist.
Ab- und Zuschreibungen eines Grundstücks im vereinfachten Verfahren nach §§ 15 ff LiegTeilG sind ohne deren Verwendung zur Herstellung einer der in § 15 Z 1 LiegTeilG genannten Anlagen unzulässig. Der Gesetzgeber ging nach den Materialien davon aus, dass zum Zeitpunkt der Erstellung des Anmeldungsbogens für dieses vereinfachte Verfahren die rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit Grundabtretungen, Ablösen und Besitzübertragungen bereits geregelt sind. Nur unter dieser Voraussetzung eines Einvernehmens über die Rechtsabtretung bzw den Rechtsverlust oder eines bereits erfolgten förmlichen Enteignungsverfahrens ist die weitgehende Reduktion des materiell- und verfahrensrechtlichen Schutzes der Buchberechtigten im Verfahren nach den §§ 15 ff LiegTeilG mit der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie vereinbar.
Da nach § 49 Abs 1 AußStrG nF im Rekursverfahren das Vorbringen neuer Tatsachen grundsätzlich zulässig ist und Buchberechtigte im vereinfachten Verfahren nach §§ 15 ff LiegTeilG vor der erstinstanzlichen Beschlussfassung nicht gehört werden, steht diesen noch im Rechtsmittelverfahren der Einwand offen, es sei weder Einvernehmen über die Rechtsabtretung bzw den Rechtsverlust oder ein förmliches Enteignungsverfahren erfolgt. Wird ein solcher Einwand erhoben, hat das Grundbuchsgericht den Beteiligen die Möglichkeit zu eröffnen, das erzielte Einvernehmen oder das erfolgte Enteignungsverfahren urkundlich nachzuweisen. Unterbleibt dieser Nachweis, muss das Grundbuchsgericht gemäß § 28 LiegTeilG die Herstellung der Grundbuchsordnung veranlassen.