Letztwillige Verfügung/Erbvertrag in Notariatsaktsform
Wird ein Testament/Erbvertrag in Notariatsaktsform errichtet, bedarf es keiner handschriftlichen Nuncupatio (Bekräftigung des letzten Willens) durch den Erblasser.
Der Erblasser schloss mit seiner Ehefrau im August 2018 einen „Erbvertrag samt Testament“ in Notariatsaktsform ab. Der Notariatsakt trägt die Unterschriften des Erblassers und seiner Ehefrau sowie von zwei Zeuginnen, enthält aber keine handschriftliche Nuncupatio des Erblassers (und seiner Ehefrau).
Die Vorinstanzen gingen von der Unwirksamkeit der letztwilligen Verfügung aus, weil eine in Notariatsaktsform errichtete letztwillige Verfügung (ebenso wie ein Erbvertrag) nur dann formwirksam sei, wenn die Vorschriften über die Errichtung einer (privaten) fremdhändigen letztwilligen Verfügung (§ 579 ABGB) eingehalten werden, wozu auch die handschriftliche Nuncupatio zähle.
Der Oberste Gerichtshof ging hingegen von der Wirksamkeit der letztwilligen Verfügung (des Erbvertrags) aus.
Nach § 67 Abs 1 NO müssen, wenn ein Notariatsakt über einen Erbvertrag oder über eine andere letztwillige Anordnung aufgenommen wird, auch die „besonderen Vorschriften des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches, welche die Gültigkeit einer solchen Anordnung bedingen, beobachtet werden“.
Der Senat legte den in § 67 Abs 1 NO enthaltenen, nicht näher präzisierten Verweis auf die „besonderen Vorschriften“ des ABGB über letztwillige Verfügungen dahin aus, dass sich dieser Verweis bei einer letztwilligen Verfügung, die in Notariatsaktsform errichtet wird, seit dem ErbRÄG 2015 auf die (seither erstmals im ABGB selbst geregelte) „notarielle Verfügung“ nach § 583 ABGB bezieht. Die Formvorschriften für private fremdhändige letztwillige Verfügungen (§ 579 ABGB) – darunter auch die aus Gründen der Fälschungssicherheit im Rahmen des ErbRÄG 2015 eingeführte handschriftliche Nuncupatio des Erblassers – müssen hingegen nicht eingehalten werden.
Der Senat formulierte folgenden Rechtssatz:
Bei Errichtung einer notariellen letztwilligen Verfügung ist – unabhängig davon, ob diese in Form eines Notariatsakts, bei dem das Rechtsgeschäft unmittelbar als solcher errichtet wird, oder eines notariellen Protokolls nach §§ 70 ff NO erfolgt – keine eigenhändige Nuncupatio des Erblassers iSd § 579 ABGB erforderlich.