Marktmissbrauch durch faktische Bezugsbindung im Bereich des Zeitungsversands durch die Post
Die Österreichische Post AG ist (allein) gesetzlich verpflichtet, den bundesweiten Universaldienst (flächendeckende Postdienstleistungen zu allgemein erschwinglichen Preisen in bestimmter Qualität) zu erbringen. Der Zeitungsversand ist kein derartiger der Post vorbehaltener Dienst. Nach Wegfall der Subventionierung des Zeitungsversands durch den Bund hat die Post für diesen Bereich neue Tarife erlassen, die von der Preiskommission des Verkehrsministeriums als Oberste Postbehörde nicht untersagt wurden.
Ein Mitbewerber im Bereich des Zeitungsversands hat beim Kartellgericht beantragt, jene Teile der Geschäftsbedingungen für den Zeitungsversand durch die Post, durch die eine faktische mehrjährige Bindung der Kunden erreicht werde, als marktmissbräuchlich zu untersagen. Das Kartellgericht hat einen entsprechenden Abstellauftrag erlassen. Die Entscheidung wurde vom Oberste Gerichtshof als Kartellobergericht bestätigt.
Die Post beherrscht den betroffenen Markt (Tageszustellung von Tageszeitungen) mit einem Anteil von mehr als 80%. Eine kartellrechtswidrige Kundenbindung besteht nicht nur dann, wenn eine förmliche Bindungsverpflichtung besteht, sondern auch dann, wenn Preisnachlässe daran geknüpft werden, dass der Kunde seinen Gesamtbedarf oder einen wesentlichen Teil hiervon ausschließlich bei dem Unternehmer in beherrschender Stellung deckt. Bezugsverpflichtungen dieser Art zielen darauf ab, dem Abnehmer die Wahl zwischen mehreren Bezugsquellen zu erschweren und anderen Anbietern den Marktzugang zu verwehren. Unbeachtlich ist, ob der Staat das – private oder öffentliche – Unternehmen zum beanstandeten Verhalten veranlasst hat, ob es sich einem hoheitlichen Befehl gefügt hat oder es aus eigener Initiative tätig wurde.