Mietzinsbeschränkung wegen COVID-19
Behördlich verordnete Kundenbeschränkungen und Mindestabstände rechtfertigen eine Mietzinsminderung bei der Geschäftsraummiete.
Die Beklagten sind Mieter eines Geschäftslokals auf der Liegenschaft des Klägers. Sie überwiesen dem Kläger für März und April 2021 nur 80 % bzw 50 % des vorgeschriebenen Mietzinses. In dieser Zeit wurde durch staatliche Verordnung die Kundenanzahl pro bestimmter Geschäftsfläche limitiert sowie ein Mindestabstand von zwei Metern angeordnet.
Der Kläger begehrte die Zahlung des gesamten Mietzinses. Die Beklagten wendeten ein, ihre Umsatzrückgänge seien auf die staatlich verordneten COVID-19-Maßnahmen wie Abstandsregeln und Maskenpflicht sowie auf die coronabedingt verringerte Kauflust der Kunden zurückzuführen. Dies sei ein außerordentlicher Zufall, der die vorgenommene Mietzinsminderung rechtfertige.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Jede mittelbar aus der Pandemie resultierende Gebrauchsbeeinträchtigung führe zu einer Zinsminderung.
Das Berufungsgericht hob das Urteil auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Umsatzrückgänge der Beklagten würden nur dann zu einer Mietzinsminderung führen, wenn sie unmittelbare Folge einer wegen behördlicher Maßnahmen eingeschränkten Nutzungsmöglichkeit des Geschäftslokals seien. Die Verpflichtung zum Tragen einer FFP-2 Maske zähle nicht dazu. Im fortgesetzten Verfahren werde zu klären sein, ob und wenn ja welchen Einfluss die Begrenzung der Kundenanzahl auf die Brauchbarkeit des Bestandobjekts hatte. Eine allenfalls relevante Gebrauchsminderung wäre unter Umständen durch freie richterliche Schadensschätzung zu ermitteln.
Der Oberste Gerichtshof bestätigte diesen Beschluss und führte aus, dass Zutrittsbeschränkungen grundsätzlich gleich wie gänzliche Schließungen zu beurteilen sind, da es sich nur um graduell unterschiedliche Benützungshindernisse handelt, die unmittelbare Folge der pandemiebedingt erlassenen behördlichen Maßnahmen für Geschäftslokale sind. Dazu zählen etwa die Begrenzung der Kundenanzahl und Mindestabstände.
Davon zu unterscheiden sind aber geringerwertige, die Gebrauchstauglichkeit des Mietobjekts nicht beeinträchtigende und die Allgemeinheit treffende staatliche Eingriffe wie die Maskenpflicht, weil damit nicht direkt auf die Möglichkeit, das Geschäftslokal zu betreten, Einfluss genommen wird. Das maskenbedingte Unlustgefühl der Kunden ist deren individueller Sphäre zuzuordnen, welcher Umstand in das unternehmerische Risiko des Mieters der Geschäftsräumlichkeit fällt.
Es bedarf daher zunächst eines ergänzenden Vorbringens der Beklagten, welche konkreten Auswirkungen die Begrenzung der Kundenanzahl und die einzuhaltenden Mindestabstände auf den Geschäftsbetrieb hatten, etwa ob es dadurch zu Wartezeiten im Eingangsbereich oder zu einem erschwerten bzw verzögerten Zutritt zu einzelnen Räumen des Geschäftslokals kam. Auf Basis der in diesem Sinn zu ergänzenden Feststellungen wird das Erstgericht eine allfällige Mietzinsminderung zu bemessen haben.