Mitverschulden des Patienten bei ärztlichem Behandlungsfehler?
Im Falle eines Arztfehlers bei der Heilbehandlung ist ein (Mit)Verschulden des Patienten an der Herbeiführung seiner Behandlungsbedürftigkeit gegenüber dem Arzt nicht zu berücksichtigen.
A verursachte aus seinem eigenen Verschulden einen Verkehrsunfall, bei dem er schwer verletzt wurde. Bei der anschließenden notärztlichen Versorgung unterlief dem beklagten Notarzt ein Behandlungsfehler, wodurch A verstarb. Die gesetzliche Unfallversicherungsanstalt begehrte vom Beklagten den Ersatz der von ihr den Hinterbliebenen des A beglichenen Ansprüche an Unterhaltsentgang und Bestattungskosten. Der beklagte Notarzt wendete ein, dass sich die Hinterbliebenen ein Mitverschulden des A anrechnen lassen müssten. Erst das gravierende Eigenverschulden des A habe ihn in die Behandlungssituation gebracht.
Diesen Mitverschuldenseinwand des Beklagten sah der Oberste Gerichtshof in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht als nicht gerechtfertigt an.
Im Arzthaftungsrecht liegt das haftungsbegründende Verschulden des Arztes im Behandlungsfehler oder der unzureichenden Aufklärung über eine Komplikation. Daher können nur solche Umstände ein Mitverschulden des Patienten begründen, die dazu führen, dass der durch den Behandlungs- oder Aufklärungsfehler verursachte Schaden vergrößert (weitere Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes des Patienten) oder eine Verringerung des Schadens (Besserung des gesundheitlichen Zustandes des Patienten) vereitelt wird. Ein Eigenverschulden des Patienten an seiner Behandlungsbedürftigkeit kann die Ansprüche des Patienten gegen den Arzt wegen eines Behandlungsfehlers nicht mindern. Die Annahme eines Mitverschuldens des Patienten wegen schuldhafter Herbeiführung seines behandlungsbedürftigen Zustands ist daher nicht gerechtfertigt.