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Neues Erwachsenenschutzrecht – Beendigung einer gerichtlichen Erwachsenenvertretung

 
 

Wurde der Erwachsenenvertreter mit der Besorgung einer Art von Angelegenheiten betraut (hier die Vertretung des Betroffenen „vor Gerichten, Behörden, Dienststellen und Sozialversicherungsträgern“), reicht es für eine Aufrechterhaltung der Erwachsenenvertretung, dass diese Art von Angelegenheiten als solche weiterhin den Erwachsenenvertreter erfordert.

Beim Betroffenen besteht eine psychische Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis. Das Erstgericht bestellte über Anregung des Arbeits- und Sozialgerichts Wien, mit Beschluss vom 6. 8. 2018 den Revisionsrekurswerber – einen Rechtsanwalt – zum Erwachsenenvertreter und betraute ihn „mit der Besorgung folgender Angelegenheiten gemäß § 272 Abs 1 ABGB […]: Vertretung vor Gerichten, Behörden, Dienststellen und Sozialversicherungsträgern“. Der Erwachsenenvertreter beantragte im Weiteren seine „Enthebung“ mit der Begründung, dass mit seiner Genehmigung der Betroffene die Klage beim ASG Wien sowie eine weitere Klage zurückgezogen habe.

Das Erstgericht wies den Enthebungsantrag ohne weiteres ab.

Das Rekursgericht bestätigte aufgrund von ihm getätigter Feststellungen über andere anhängige Verfahren diese Entscheidung.

Der Oberste Gerichtshof gab dem ordentlichen Revisionsrekurs nicht Folge.

Die gerichtliche Erwachsenenvertretung ist (unter anderem) zu beenden, wenn die übertragene Angelegenheit erledigt ist. Ob eine Angelegenheit, für die der gerichtliche Erwachsenenvertreter bestellt wurde, „erledigt“ und damit die Erwachsenenvertretung zu beenden oder zumindest einzuschränken ist, hängt von der Art der zu besorgenden Angelegenheit ab. Für die Beurteilung der Frage ist nicht allein auf die aktuelle Situation abzustellen. Es ist vielmehr – zur Vermeidung eines „Einschränkungs- und Ausdehnungs-Ping-Pongs“ – einzuschätzen, ob und welche Angelegenheiten in absehbarer Zeit anfallen werden. Eine „Erledigung“ der übertragenen Angelegenheit liegt demnach vor, wenn vom Erwachsenenvertreter nichts mehr zu tun ist und auch in absehbarer Zeit nichts mehr zu tun sein wird. Für die Beendigung der gerichtlichen Erwachsenenvertretung ist daher erforderlich, dass die übertragenen Angelegenheiten zur Gänze erledigt wurden.

Wurde – wie hier – ein Erwachsenenvertreter zur Vertretung des Betroffenen vor „Gerichten, Behörden, Dienststellen und Sozialversicherungsträgern“ bestellt, kommt es nicht darauf an, ob die dem Erwachsenenvertreter „bekannten“ Verfahren beendet sind. Vielmehr ist auf eine objektive allumfängliche Erledigung der in den Wirkungsbereich des Erwachsenenvertreters fallenden Verfahren abzustellen. Hier reicht es für eine Aufrechterhaltung der Erwachsenenvertretung, dass diese Art von Angelegenheiten als solche weiterhin den Erwachsenenvertreter erfordert.

Zum Volltext im RIS.

 
ogh.gv.at | 15.11.2024, 13:11
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/neues-erwachsenenschutzrecht-beendigung-einer-gerichtlichen-erwachsenenvertretung/)

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