Nicht gehörige Fortsetzung einer Wiederaufnahmsklage?
Auf Fristen des Prozessrechts – hier für die Einbringung der Wiederaufnahmsklage – ist § 1497 ABGB nicht analog anzuwenden.
In der am 23.6.2006 eingebrachten Wiederaufnahmsklage wird vorgebracht, die Klägerin könne durch ein seit 16.6.2006 zugängliches neues Gutachten beweisen, dass die Forderung der Beklagten im wiederaufzunehmenden Verfahren nicht zu Recht bestehe.
Während des – ungewöhnlich umfangreichen – Wiederaufnahmsverfahrens wurde im Jahre 2012 der Konkurs über das Vermögen der Klägerin eröffnet und am 25.7.2014 nach Abschluss eines Sanierungsplans wieder aufgehoben.
Am 2.10.2014 beantragte die Klägerin die Fortsetzung des gemäß § 7 Abs 1 IO unterbrochenen Wiederaufnahmsverfahrens.
Die Beklagte wandte daraufhin ein, die Klägerin habe die Wiederaufnahmsklage nicht gehörig fortgesetzt, weil sie es verabsäumt habe, den Eintritt ihres Insolvenzverwalters in den Rechtsstreit zu verlangen. Die Frist des § 534 Abs 1 ZPO werde in Analogie zu § 1497 ABGB nur dann gewahrt, wenn das Verfahren auch gehörig fortbetrieben werde.
Das Erstgericht verwarf diesen Einwand als unzulässig.
Das Rekursgericht gab dem Rechtsmittel der Beklagten Folge und trug dem Erstgericht die Verfahrensergänzung auf. Die Regelung des § 1497 ABGB über die Unterbrechung der Verjährungszeit werde regelmäßig auch auf Präklusivfristen mit vergleichbarer Zielsetzung analog angewendet; auch bei der Wiederaufnahmsklagefrist handle es sich um eine solche Präklusivfrist, deren Zweck die rasche Klärung des behaupteten Wiederaufnahmsgrundes sei. Im fortgesetzten Verfahren werde das Erstgericht über den Einwand der nicht gehörigen Fortsetzung nach Verfahrensergänzung inhaltlich zu entscheiden haben.
Der Oberste Gerichtshof behob aus Anlass des Rekurses der Klägerin die Entscheidungen der Vorinstanzen ersatzlos.
Die ständige Rechtsprechung wendet die Regelung des § 1497 ABGB nur auf Präklusivfristen des materiellen Rechts analog an, aber nicht auf prozessuale Fristen, zu denen die Klagefrist des § 534 Abs 1 ZPO zählt.
Während eine Verjährungsfrist nach Eintritt eines Unterbrechungsgrundes wieder neu zu laufen beginnt, wird eine prozessuale Frist durch jene Prozesshandlung, für deren Vornahme sie bestimmt ist, nicht unterbrochen, sondern ein für alle Mal gewahrt.
Über die Bestreitung der Rechtzeitigkeit einer Wiederaufnahmsklage hat das Gericht im Fall der Verneinung überhaupt nicht abgesondert zu entscheiden. Im Ergebnis waren die Entscheidungen der Vorinstanzen daher mangels prozessualer Rechtsgrundlage ersatzlos zu beheben.