Nichtanrechnung von Vordienstzeiten vor dem 18. Lebensjahr ist finanziell auszugleichen
Die Neuregelung des Vorrückungsstichtags (bei gleichzeitiger Verlängerung des Vorrückungszeitraums) im Bundesbahngesetz ist weiterhin altersdiskriminierend. Solange kein System zur Beseitigung der Diskriminierung eingeführt wurde, bleibt das bisherige (alte) Bezugssystem bestehen, wobei der Vorrückungsstichtag unter Berücksichtigung der Vordienstzeiten auch vor dem 18. Lebensjahr neu zu berechnen ist.
Der Kläger hat im Februar 1990 sein privatrechtliches Beschäftigungsverhältnis zur ÖBB begonnen. Sein Vorrückungsstichtag wurde unter Einbeziehung der vom Kläger ab Vollendung des 18. Lebensjahrs erworbenen Vordienstzeiten mit 21. 5. 1986 ermittelt. Die Vordienstzeiten des Klägers vor Vollendung des 18. Lebensjahrs wurden nicht berücksichtigt. Wird der Vorrückungsstichtag des Klägers nach der neuen Bestimmung des § 53a Abs 1 des Bundesbahngesetzes, also unter Berücksichtigung der vom Kläger auch vor Vollendung des 18. Lebensjahrs (nach dem 30. 6. ab Beendigung der allgemeinen Schulpflicht von neun Schuljahren) erworbenen Vordienstzeiten berechnet, so ergibt dies den neuen Vorrückungsstichtag 22. 6. 1985.
Der Kläger begehrte die Zahlung von 3.963,75 EUR brutto. Aufgrund der unrichtigen Gehaltseinstufung sei ihm im Zeitraum Oktober 2007 bis Juni 2012 zu wenig an Entgelt ausgezahlt worden. Diese Gehaltsdifferenz mache er mit der vorliegenden Klage geltend.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht gab dem Klagebegehren über Berufung des Klägers statt und verpflichtete die Beklagte zur Zahlung der begehrten Gehaltsdifferenz.
Der Oberste Gerichtshof legte dem Europäischen Gerichtshof mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vor. Nach Vorliegen der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs bejahte der Oberste Gerichtshof die Zahlungsansprüche des Klägers. Dazu wurde ausgeführt:
Die Verlängerung des Vorrückungszeitraums (um mehrmals 1 Jahr) nach § 53a des Bundesbahngesetzes betrifft nur die vom früheren System benachteiligte Gruppe der Bediensteten, die ihre Berufserfahrung (ganz oder teilweise) vor Vollendung des 18. Lebensjahrs erworben haben. Diese Regelung begründet weiterhin eine unmittelbar auf dem Alter beruhende Ungleichbehandlung, die nicht gerechtfertigt ist. Da (solange) kein System zur Beseitigung der Diskriminierung wegen des Alters eingeführt wurde, bleibt das für die vom früheren System begünstigten Bediensteten geltende System das einzig gültige Bezugssystem auch für die benachteiligte Gruppe.
Der Zeitpunkt der Verkündung des Urteils des EuGH in der Rechtssache C-88/08, Hütter, wirkt sich auf den Beginn der Verjährungsfrist nicht aus.
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Kläger Anspruch auf Nachzahlung der geltend gemachten Gehaltsdifferenz, soweit Verjährung nicht eingetreten ist oder nicht eingewendet wurde.