Örtliche Zuständigkeit nach § 198 Finanzstrafgesetz idF BGBl I 2020/99
Erste Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zum neuen Zuständigkeitsregime in Finanzstrafsachen.
Eine Vorlage der Akten eines gerichtlichen Finanzstrafverfahrens durch ein Oberlandesgericht gemäß § 215 Abs 4 zweiter Satz StPO gab dem Obersten Gerichtshof die Gelegenheit, zu § 198 FinStrG und § 265 Abs 2f FinStrG folgende Aussagen zu treffen:
Mit dem 2. FORG BGBl I 2020/99 wurde betreffend die örtliche Zuständigkeit für das Hauptverfahren wegen gerichtlich strafbarer Finanzvergehen die am 1. Jänner 2021 in Kraft getretene Sondernorm des § 198 FinStrG eingeführt. Nach der Übergangsbestimmung des § 265 Abs 2f FinStrG tritt hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit des Gerichts für zum 31. Dezember 2020 bei diesem bereits anhängige Strafverfahren durch das Inkrafttreten des § 198 FinStrG keine Änderung ein.
Nach § 198 Abs 1 erster Satz FinStrG ist für das Hauptverfahren wegen gerichtlich strafbarer Finanzvergehen primär jenes Gericht örtlich zuständig (§ 36 StPO), in dessen Sprengel der Beschuldigte (§ 48 Abs 1 Z 2 StPO) zum Zeitpunkt des Beginns des Strafverfahrens (§ 1 Abs 2 StPO) seinen Wohnsitz (§ 1 Abs 7 MeldeG) hatte oder davor zuletzt gehabt hatte.
Maßgebender Zeitpunkt für die Zuständigkeitsbegründung durch Wohnsitz des Beschuldigten ist somit jener des Beginns des Strafverfahrens im Sinn des § 1 Abs 2 StPO. Nach dieser Norm beginnt das Strafverfahren, sobald Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft zur Aufklärung eines Anfangsverdachts (§ 1 Abs 3 StPO) nach den Bestimmungen des zweiten Teils (§§ 91 bis 189) der StPO ermitteln. Im gerichtlichen Finanzstrafverfahren stehen dem Ermittlungen der Finanzstrafbehörde nach § 196 Abs 1 FinStrG gleich.
Im Gegenstand begann das Hauptverfahren (§ 210 Abs 2 StPO) – im Sinn des § 36 Abs 3 StPO die Gerichtsanhängigkeit auslösend – am 12. März 2021. Somit kommt die Neuregelung des § 198 FinStrG zur Anwendung. Die finanzstrafrechtlichen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft begannen (§ 1 Abs 2 StPO) im Frühjahr 2018. Nach der Aktenlage ist der Angeklagte seit 2. Dezember 2016 in Innsbruck gemeldet.
Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Innsbruck für das Verfahren über den Anklageeinspruch.