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Österreichisches Pflegegeld und / oder Schweizer Hilflosenentschädigung?

 
 

Bezieht eine österreichische Versicherte, die in der Schweiz lebt, eine österreichische Alterspension und eine Schweizer Rente, hat sie nur Anspruch auf Schweizer Hilflosenentschädigung und nicht (auch) auf österreichisches Pflegegeld.

Die Klägerin ist österreichische Staatsbürgerin. Sie erwarb in Österreich Versicherungsmonate und übersiedelte in der Folge in die Schweiz. Sie bezieht derzeit eine österreichische vorzeitige Alterspension und eine Rente aus der Schweiz. Dort ist sie auch in die gesetzliche Krankenversicherung einbezogen. Sie begehrt von der beklagten Pensionsversicherungsanstalt den Zuspruch von (österreichischem) Pflegegeld unter Anrechnung der von ihr in der Schweiz bezogenen Hilflosenentschädigung.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge, hob das Ersturteil zwecks ergänzender Feststellungen auf und ließ den Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss zu. Rechtlich ging es zusammengefasst davon aus, der Anspruch auf österreichischen Pflegegeld könne nicht dadurch ausgeschlossen werden, dass die Klägerin ihren Wohnsitz in die Schweiz verlegt habe. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EuGH könne ein Anspruch nach Primärrecht nicht versagt werden, wenn nach nationalem Recht alle Voraussetzungen erfüllt seien. Es sei nicht strittig, dass die Klägerin als Bezieherin einer österreichischen Grundleistung bei Erfüllung der sonstigen Anspruchsvoraussetzungen (Pflegebedarf) jedenfalls Anspruch auf Pflegegeld hätte, läge ihr Wohnsitz noch in Österreich. Es bestehe daher die österreichische Zuständigkeit im Ausmaß der Differenz zwischen der in der Schweiz bezogenen Hilflosenentschädigung und einer allenfalls höheren österreichischen Pflegegeldleistung. Die Rechtssache sei noch nicht spruchreif, weil die erforderlichen Feststellungen zur Beurteilung der medizinischen  Voraussetzungen für den österreichischen Pflegegeldanspruch und auch zur Höhe der Schweizer Hilflosenentschädigung  fehlten.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der beklagten Partei Folge, hob den angefochtenen Beschluss auf und stellte das (abweisende) Urteil des Erstgerichts wieder her. Zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft gelte das Abkommen über die Freizügigkeit, das in seinem  Anhang II auf die VO (EG) 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit verweise. Nach dieser sei für  Bezieher von Teilrenten aus mehreren Mitgliedstaaten die Krankenversicherung des Wohnortstaates zuständig.

Für die Klägerin sei daher (ausschließlich) der Schweizer Krankenversicherungsträger zur Leistungserbringung zuständig, sodass ein Leistungsexport eines österreichischen Trägers ausscheide. Dies gelte auch für den Anspruch auf Pflegegeld, weil es sich dabei nach dem Unionsrecht um eine Leistung bei Krankheit handle. Ein Anspruch der Klägerin nach dem österreichischen Bundespflegegeldgesetz bestehe nicht, weil sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland habe. Da das (österreichische) Pflegegeld grundsätzlich aus dem Bundesbudget bestritten werde, sei auch nicht die Situation gegeben, dass die Klägerin in Österreich lange Jahre hindurch Sozialversicherungsbeiträge abgeführt habe, denen nun keine Gegenleistung gegenüberstehe.

Zum Volltext im RIS

 
ogh.gv.at | 15.11.2024, 12:11
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/oesterreichisches-pflegegeld-und-oder-schweizer-hilflosenentschaedigung/)

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