OGH weitet Grundrechtsschutz stark aus
Auf Grund eines berechtigten Antrags ordnet der Oberste Gerichtshof die Erneuerung des Strafverfahrens an, ohne dass es einer Entscheidung des EGMR bedarf.
Eine Grundsatzentscheidung des Obersten Gerichtshofs ermöglicht stark erweiterten Grundrechtsschutz in Strafverfahren.
Der Oberste Gerichtshof konnte bisher in begrenztem Umfang mittels Grundrechtsbeschwerde angerufen werden. Diese Beschwerde ist auf das Grundrecht der persönlichen Freiheit beschränkt. Die Verletzung anderer Grundrechte konnten Betroffene nur in ganz bestimmten Fällen beim Obersten Gerichtshof geltend machen. In den übrigen Fällen blieb Personen, die in einem Strafverfahren von einem Verstoß gegen die Grundrechte der Europäischen Menschenrechtskonvention betroffen waren, nur die Befassung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR).
Die neue Entscheidung ermöglicht die Anrufung des Obersten Gerichtshofs auch bei anderen Grundrechtsverletzungen in einem Strafverfahren. Auf Grund eines berechtigten Antrags ordnet der Oberste Gerichtshof die Erneuerung des Strafverfahrens an, ohne dass es einer Entscheidung des EGMR bedarf. Praktisch bedeutsam ist der erweiterte Grundrechtsschutz vor allem für die Freiheit der Meinungsäußerung.
Der Oberste Gerichtshof hat mit dieser Entscheidung explizit auf die häufigen Verurteilungen Österreichs wegen Verletzung des Rechts auf Freiheit der Meinungsäußerung nach Art 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention im Jahr 2006 reagiert (insgesamt waren es sieben).