Operation einer durchtrennten Handsehne – nur durch Handchirurg?
Zur Reichweite von ärztlichen Aufklärungspflichten gegenüber einem Sechzehnjährigen.
Dem damals sechzehnjährigen Kläger wurde bei einem Unfall die Daumenbeugesehne durchtrennt. Eine Operation der Sehne war die einzige Behandlungsmöglichkeit. Er wurde entsprechend den medizinischen Erfordernissen vollständig, darunter über mögliche bleibende Bewegungseinschränkungen, aufgeklärt und stimmte der Behandlung zu.
Er brachte gegen die Klinik und den ihn behandelnden Facharzt für Unfallchirurgie eine Klage auf Schmerzengeld und die Feststellung ihrer Haftung für künftige Schäden wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten ein: Er sei nicht darauf hingewiesen worden, dass der Arzt keine Spezialisierung im Bereich Handchirurgie aufgewiesen habe.
Das Erst- und das Berufungsgericht gaben der Klage keine Folge.
Der Oberste Gerichtshof legte die Grundsätze zur ärztlichen Aufklärungspflicht dar, wonach der Arzt für die nachteiligen Folgen eines kunstgerecht erfolgten Eingriffs haftet, wenn der Patient bei ausreichender Aufklärung in die Behandlung nicht eingewilligt hätte. Die ärztliche Aufklärung soll den Patienten dabei in die Lage versetzen, die Tragweite seiner Einwilligung zu überschauen. Gerade über typische, mit einer Operation verbundene Gefahren ist aufzuklären, auch wenn diese nicht häufig, aber speziell mit dem geplanten Eingriff verbunden sind. Auch insoweit besteht aber eine Aufklärungspflicht nur, soweit diese Risken erheblich und geeignet sind, die Entscheidung des Patienten zu beeinflussen. Da die Behandlung durch einen Facharzt für Unfallchirurgie als der hier angemessenen Fachrichtung erfolgt war, begründete der fehlende Hinweis auf eine fehlende Spezialisierung keinen Aufklärungsfehler.
Der Kläger meinte in der Revision auch, dass auch seine Eltern aufzuklären gewesen wären. Dazu hielt der OGH fest, dass die Einwilligung in medizinische Behandlungen das einsichts- und urteilsfähige Kind nur selbst erteilen kann. Im Zweifel wird das Vorliegen dieser Einsichts- und Urteilsfähigkeit bei mündigen Minderjährigen vermutet. Willigt ein einsichts- und urteilsfähiges minderjähriges Kind in eine Behandlung ein, die gewöhnlich mit einer schweren oder nachhaltigen Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der Persönlichkeit verbunden ist, so darf die Behandlung nur vorgenommen werden, wenn auch die Person zustimmt, die mit der gesetzlichen Vertretung bei Pflege und Erziehung betraut ist. Dass die – damals im Ausland aufhältigen – Eltern des Klägers nicht aufgeklärt wurden, war jedoch nicht entscheidungsrelevant, weil sich der Kläger in erster Instanz nicht darauf berufen hatte. Die Revision wurde zurückgewiesen.