Parkplatz als „Weg“ – Grenzen der Räum- und Streupflicht
Eine trotz Räumung und Streuung auf einem allgemein benützbaren Parkplatz verbliebene Eisplatte begründet im vorliegenden Fall keine grobe Fahrlässigkeit.
Ein Postzusteller rutschte auf einer Eisplatte auf dem asphaltierten Parkplatz eines Unternehmens aus und verletzte sich schwer. Das Eis hatte sich – trotz Räumung und Streuung kurz zuvor – an einer Stelle gebildet, die nicht unmittelbar zwischen dem Büroeingang und den markierten Abstellplätzen lag. Der Briefträger wollte, nachdem er sein Fahrzeug auf dem Parkplatz abgestellt und dem Unternehmen die Post gebracht hatte, eine Abkürzung zur Nachbarliegenschaft nehmen, um auch dort zuzustellen, und bemerkte die Eisplatte nicht.
Das Erstgericht erkannte ein Mitverschulden des Briefträgers zur Hälfte, das Berufungsgericht bejahte die alleinige Haftung des Unternehmens.
Der Oberste Gerichtshof wies die überwiegend auf Schmerzengeld gerichtete Klage des Briefträgers zur Gänze ab. Der relativ weitläufige Parkplatz ist zwar eine Landfläche, die grundsätzlich von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden darf, auch wenn sie nur für einen eingeschränkten Benützerkreis bestimmt ist. Sie ist damit ein „Weg“ im Sinn des § 1319a ABGB, für dessen Mangelhaftigkeit der Unternehmer als dessen „Halter“ nur bei außergewöhnlicher und auffallender Sorglosigkeit haftet. Beurteilungsmaßstab für die Mangelhaftigkeit des Weges sind das Verkehrsbedürfnis und die Zumutbarkeit entsprechender Maßnahmen. Die Anforderungen an Verkehrssicherungspflichten dürfen nicht überspannt werden. Angesichts der erfolgten Räumung und Streuung, der erkennbaren winterlichen Verhältnisse, der (nicht zentralen) Lage des späteren Unfallorts auf dem Parkplatz und des Umstands, dass die rutschige Stelle gut sichtbar war, ist dem Unternehmen keine grob fahrlässige Pflichtverletzung vorzuwerfen.