Recht auf freie Anwaltswahl bei Rechtsschutzversicherung
Klauseln in AVB von Rechtsschutzversicherern, die das Recht des Versicherungsnehmers auf freie Anwaltswahl für den Fall, dass eine größere Anzahl von Versicherungsnehmern durch dasselbe Ereignis geschädigt wird, beseitigen oder beschränken (sog Massenschadensklauseln), sind unwirksam.
Der beim beklagten Versicherer rechtsschutzversicherte Kläger hatte bei Wertpapierdienstleistungsunternehmen Geld veranlagt. Zufolge Insolvenz der Unternehmen wurde er – wie tausende andere Anleger auch – geschädigt. Die dem Versicherungsvertrag zugrunde gelegten AVB enthielten eine Massenschadensklausel. Aufgrund der vom OGH gemäß Art 234 EG eingeholten Vorabentscheidung des EuGH vom 10. 9. 2009, RS C-199/08, steht bindend fest, dass Massenschadensklauseln das in Art 4 der Richtlinie 87/344/EWG (Rechtsschutzversicherungs-Richtlinie) postulierte und durch § 158k VersVG in Österreich umgesetzte Recht des Rechtsschutzversicherten auf freie Anwaltswahl unzulässig einschränken und daher unbeachtlich sind.
Nach § 158k Abs 2 VersVG kann im Versicherungsvertrag vereinbart werden, dass der Versicherungsnehmer zu seiner Vertretung in einem Gerichts- oder Verwaltungsverfahren nur solche Personen wählen darf, die ihren Kanzleisitz am Ort der Gerichts- oder Verwaltungsbehörde haben, die für das durchzuführende Verfahren in erster Instanz zuständig ist. Der OGH hat zu 7 Ob 194/09v und in weiteren, am selben Tag gefällten Entscheidungen ausgesprochen, dass dieser gesetzlichen Bestimmung entsprechende, das Wahlrecht des Versicherungsnehmers örtlich begrenzende Klauseln in AVB im Hinblick auf die betreffende Vorabentscheidung des EuGH einschränkend dahin auszulegen sind, dass ein Versiche-rungsnehmer auch einen nicht ortsansässigen Rechtsvertreter wählen kann, jedenfalls wenn dieser verbindlich erklärt, seine Leistungen wie ein ortsansässiger Vertreter zu verrechnen, da damit Ziel und Zweck des § 158k Abs 2 VersVG (Kosteneinsparung, prämiensenkende Wirkung) erreicht wird.
Siehe auch die am selben Tag gefällten einschlägigen Entscheidungen 7 Ob 30/08z, 7 Ob 70/08g, 7 Ob 91/08w, 7 Ob 145/08m und 7 Ob 151/08v sowie die bereits am 28. 10. 2009 ergangene Entscheidung 7 Ob 68/09i.