Rechtsschutz in Haftsachen – OGH greift Grundrechtsverletzung von Amts wegen auf
Aus Anlass einer Grundrechtsbeschwerde stellt der Oberste Gerichtshof fest, dass der Beschuldigte in seinem Grundrecht auf persönliche Freiheit verletzt wurde. Er hob den Beschluss des Oberlandesgerichts auf, mit dem dieses die Fortsetzung der Untersuchungshaft angeordnet hatte. Der Beschuldigte wurde enthaftet.
Das Oberlandesgericht hielt den Beschuldigten für dringend verdächtig, von Juli 2009 bis Juli 2010 insgesamt zumindest 200g Kokain mit einem Reinsubstanzgehalt von ca 80g verkauft zu haben.
Der Beschuldigte wandte sich dagegen mit Grundrechtsbeschwerde an den Obersten Gerichtshof. Das Höchstgericht überzeugte sich davon, dass der Entscheidung des Oberlandesgerichts ein – nicht gerügter – grundrechtsverletzender Rechtsfehler mangels Feststellungen anhaftete.
Das Überlassen des Suchtgifts erfolgte nämlich in einer Vielzahl von Teilakten, so dass die jeweiligen Teilmengen die Grenzmenge des § 28b SMG nicht überstiegen. Das Überlassen von die Grenzmenge für sich allein nicht übersteigenden Suchtgiftquanten ist aber nur insoweit zusammenzufassen, als der Vorsatz des Täters von vornherein die kontinuierliche Begehung und den darin geknüpften Additionseffekt mitumfasste. Der Beschluss des Oberlandesgerichtes enthielt jedoch keinerlei Feststellungen zu einem derartigen Vorsatz des Beschuldigten. Damit lag keine zur Subsumtion des Tatverdachts unter § 28a Abs 1 SMG ausreichende Sachverhaltsbasis vor. Die Annahmen des Oberlandesgerichts ergaben vielmehr lediglich den dringenden Verdacht des unerlaubten Umgangs mit Suchtgift nach § 27 Abs 1 Z 1 achter Fall SMG.
Ausgehend davon stand die Fortsetzung der Untersuchungshaft über den unbescholtenen Beschuldigten nicht im Verhältnis zur Bedeutung der Sache.