Schadenersatz für obsorgeberechtigten Elternteil, der durch eine rechtswidrige und schuldhaft erfolgte „Kindesabnahme“ eine psychische Beeinträchtigung mit Krankheitswert erleidet
Trifft der Kinder- und Jugendhilfeträger bei Gefahr im Verzug die erforderlichen Maßnahmen der Pflege und Erziehung selbst, wird er privatrechtlich (und nicht hoheitlich) tätig.
Der Kläger – ein Vater – begehrt Schadenersatz und die Feststellung der Haftung des Kinder- und Jugendhilfeträgers. Nach seinen Behauptungen seien die Voraussetzungen für eine Kindesabnahme nie vorgelegen und das Kindeswohl sei zu keiner Zeit gefährdet gewesen. Seine durch die Abnahme der Kinder verursachten psychischen Störungen hätten Krankheitswert; ihm stehe dafür Schmerzengeld zu.
Die beklagte Rechtsträgerin schildert die Vorgänge rund um die Kindesabnahme ganz anders und bestreitet jedes rechtswidrige und schuldhafte Verhalten ihrer Mitarbeiter, die ihre Aufgaben als Kinder- und Jugendhilfeträger wahrnehmen.
Das Erstgericht wies die Klage ohne Durchführung eines Beweisverfahrens auf der Grundlage des Vorbringens des Klägers ab.
Das Berufungsgericht hob das Urteil auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung zurück.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rechtsmittel der Beklagten nicht Folge.
Das Eltern-Kind-Verhältnis wird nicht nur durch die Europäische Menschenrechtskonvention, sondern auch vom Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch geschützt. Diesen Schutz (nicht nur der Kinder, sondern auch) der Rechte der obsorgeberechtigten Eltern hat der Gesetzgeber durch die erst in jüngerer Zeit vorgesehene Möglichkeit, vom Gericht überprüfen zu lassen, ob die vom Kinder- und Jugendhilfeträger getroffene einstweilige Maßnahme zulässig ist (oder nicht), bekräftigt. Der bei einem Elternteil durch eine rechtswidrige und schuldhaft erfolgte „Kindesabnahme“ verursachte Gesundheitsschaden mit Krankheitswert ist ein ersatzfähiger Schaden.
Aufgrund deutlicher Aussagen in der jüngeren Gesetzgebung trat der Oberste Gerichtshof der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts bei, dass der Kinder- und Jugendhilfeträger, wenn er eine vorläufige Maßnahme trifft, nicht hoheitlich sondern privatrechtlich tätig wird. Im weiteren Verfahren ist nun zu prüfen, ob die Behauptungen des Klägers zutreffen.