Schutz der Identität eines verdächtigen Opernsängers?
Verneinung des Überwiegens öffentlichen Interesses am Publikwerden der Identität bei „minderprominentem“ Künstler.
Eine Tageszeitung hatte berichtet, dass gegen einen – durch Nennung seines Berufs, seines Arbeitgebers, seines Alters, seiner Stimmlage, des Alters seines Sohns und des Berufs seiner Ex-Partnerin für einen nicht unmittelbar informierten größeren Personenkreis erkennbaren – Opernsänger ein Strafverfahren „wegen Körperverletzung, gefährlicher Drohung, Stalking und Sachbeschädigung“ im Stadium der Hauptverhandlung anhängig sei, weil er seine Ex-Partnerin „bedrohlich, beharrlich und rabiat“ verfolge.
Der Oberste Gerichtshof wies den Antrag des im Instanzenzug zur Zahlung einer Entschädigung (§ 7a Abs 1 Z 2 MedienG) verpflichteten Medieninhabers auf Erneuerung des Verfahrens zurück. Der Ausschlussgrund des überwiegenden öffentlichen Interesses an der Veröffentlichung der identifizierenden Angaben ist – nach den tatsächlichen Annahmen der Vorinstanzen – nicht gegeben, war der Opernsänger doch bloß ein „minderprominenter“ Künstler, sohin gerade nicht eine Person, für deren Tun (außerhalb des Privat– und Familienlebens) sich die Öffentlichkeit in jedem Fall und unabhängig von einem sonstigen Zusammenhang mit dem öffentlichen Leben oder anderen Gründen interessieren dürfe. Eine Verletzung des Medieninhabers im Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung nach Art 10 Abs 1 MRK durch eine unrichtige Abwägung des Anonymitätsinteresses des Antragstellers gegenüber den Interessen der Öffentlichkeit an einer identifizierenden Kriminalberichterstattung lag daher nicht vor.