Sicherstellung von Pflichtteilsansprüchen schutzberechtigter Personen
Vor der Einantwortung der Verlassenschaft sind auch jene Pflichtteilsansprüche schutzberechtigter Personen sicherzustellen, die sich aus der Hinzu- und Anrechnung von Schenkungen ergeben und im Wert der Verlassenschaft Deckung finden.
In seinem Testament setzte der Verstorbene eine Tochter zur Alleinerbin ein, die daraufhin eine bedingte Erbantrittserklärung zum gesamten Nachlass abgab. Der pflichtteilsberechtigte Sohn des Verstorbenen lebt in der Schweiz, wo für ihn ein Erwachsenenvertreter bestellt wurde. Der reine Nachlass beträgt 363.017,36 EUR.
Der Sohn beantragte, der erbantrittserklärten Tochter eine Sicherheitsleistung in Höhe des sich aus der Hinzu- und Anrechnung von im Detail dargestellten Schenkungen ergebenden Pflichtteils von 294.075,98 EUR aufzutragen.
Die Vorinstanzen erteilten der Erbin den Auftrag, (nur) den sich aus dem Verlassenschaftsvermögen ergebenden Pflichtteil von 60.502,89 EUR durch Erlag eines Sparbuchs beim Gerichtskommissär sicherzustellen, und wiesen den Antrag auf Sicherstellung eines darüber hinausgehenden Pflichtteils ab.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Sohns Folge. Die Verpflichtung zur Sicherstellung der Pflichtteile schutzberechtigter Personen nach § 176 Abs 2 AußStrG umfasst auch jene Ansprüche, die sich aus der Hinzu- und Anrechnung von Schenkungen ergeben, soweit sie im Nachlass Deckung finden. Ansprüche, die den Wert der Verlassenschaft übersteigen, sind aber nicht sicherzustellen.
Über das Bestehen und die Höhe des Pflichtteilsanspruchs ist im streitigen Pflichtteilsprozess zu entscheiden, sodass der Sicherstellung im Verlassenschaftsverfahren bloß vorläufiger Charakter zukommt. Die Sicherstellung des sich aus der Hinzu- und Anrechnung von Schenkungen ergebenden Pflichtteils hat deshalb auf Grundlage eines summarischen Bescheinigungsverfahrens zu erfolgen. Nachdem das Erstgericht keine Feststellungen zu den vom Sohn detailliert behaupteten Schenkungen getroffen hatte, trug der Oberste Gerichtshof dem Erstgericht eine Ergänzung des Verfahrens auf.