Streitwert bei einem Begehren auf Aufhebung des Vertrags und Rückzahlung des Kaufpreises
In einem Verfahren über einen Rechtsgestaltungsanspruch auf Aufhebung eines Kaufvertrags und über das damit verbundene Leistungsbegehren auf Rückzahlung des Kaufpreises bestimmt sich der Streitwert nur nach dem Leistungsbegehren. Zieht der Kläger von sich aus in der Klage ein Benützungsentgelt von seinem Leistungsbegehren auf Rückzahlung des Kaufpreises ab, so ist dies eine Beschränkung des Begehrens, weshalb sich der Streitwert entsprechend reduziert.
Der Kläger stellt mit der beim örtlich zuständigen Bezirksgericht eingebrachten Klage das Begehren, 1. den zwischen ihm und der Beklagten abgeschlossenen Kaufvertrag über den Ankauf eines Diesel-Fahrzeugs um 22.600 EUR ex tunc aufzuheben, und 2. die Beklagte schuldig zu erkennen, ihm 14.464 EUR samt 4 % Zinsen aus 22.600 EUR seit 23. 3. 2012 Zug um Zug gegen Rückgabe des Diesel-Fahrzeugs zu bezahlen. Den Streitwert gibt der Kläger in Höhe des Leistungsbegehrens mit 14.464 EUR sA an. Dazu bringt er vor, dass vom Kaufpreis in Höhe von 22.600 EUR ein Benützungsentgelt von 8.136 EUR abzuziehen sei, das er sich aufgrund der bisherigen Verwendung des Fahrzeugs anrechnen lasse.
Das Erstgericht wies die Klage a limine wegen sachlicher Unzuständigkeit zurück. Der Wert des Streitgegenstands der auf Unwirksamerklärung des Vertrags und auf Rückabwicklung des Kaufvertrags gerichteten Klage sei mit dem vollen Kaufpreis von 22.600 EUR anzusetzen. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs Folge und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens auf. Dazu führte das Höchstgericht aus:
Nach der Rechtsprechung kann der Kläger ein Anfechtungs- oder Wandlungsrecht in Bezug auf einen Vertrag auch in der Form geltend machen, dass er unter Behauptung der Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts auf Rückstellung der von ihm bewirkten Leistung klagt. Stellt der Kläger zusätzlich zum Zahlungsbegehren ausdrücklich auch das Begehren auf Aufhebung des Vertrags, so ändert sich durch diese Klarstellung der Streitgegenstand nicht. Dem Vertragsaufhebungsbegehren kommt kein eigenständiger Wert zu.
Es entspricht daher der ständigen Rechtsprechung, dass sich der Streitwert in einem Verfahren über einen Rechtsgestaltungsanspruch auf Aufhebung eines Kaufvertrags und über das damit verbundene Leistungsbegehren auf Rückzahlung des Kaufpreises allein nach dem Leistungsbegehren bestimmt. Eine gesonderte Bewertung des Rechtsgestaltungsbegehrens ist nur dann zulässig, wenn der Kläger das Rechtsgestaltungsbegehren mit einem Begehren auf Rückzahlung in der Vergangenheit erbrachter Zahlungen verbindet und behauptet, im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses (beispielsweise zur Vermeidung von Verzugsfolgen unter Rückzahlungsvorbehalt) laufend weitere Leistungen zu erbringen.
Eine andere Frage ist jene nach der Bewertung des Leistungsbegehrens. Bei einem – hier vorliegenden Rückabwicklungsbegehren – ist der primäre Bereicherungsanspruch des beklagten Verkäufers auf die Rückgabe der vom Käufer empfangenen Leistung, also auf Rückgabe der Sache in Natur gerichtet. Besteht zudem ein Bereicherungsansprüche des Beklagten in Geld (wie zB auf Zahlung eines Benützungsentgelts), so sind sie grundsätzlich vom Gericht im Weg der prozessualen Aufrechnung (als Gegenforderungen) zu berücksichtigen. Eine solche eingewendete Gegenberechtigung des Beklagten hat auf die Bewertung des Streitgegenstands keinen Einfluss.
Zieht der Kläger das Benützungsentgelt aber schon von sich aus in der Klage vom geltend gemachten Zahlungsanspruch ab, so rechnet er mit einem Teil seiner Kapitalforderung gegen eine (von ihm erwartete und akzeptierte) Gegenforderung des Beklagten auf. Prozessual handelt es sich bei dieser Vorgangsweise um eine (anfängliche) Beschränkung des Begehrens und damit auch des Streitwerts.