Übernahme eines aufgrund einer unzulässigen Preisanpassungsklausel ermittelten Preises als Ausgangswert der neuen allgemeinen Geschäftsbedingungen ist unzulässige Weiterverwendung der unzulässigen Klausel
Das Sich-Berufen auf eine unzulässige Klausel nach § 28 Abs 1 KSchG – hier im Sinn einer Weiterverwendung einer solchen Klausel in neuen AGB – erfasst nicht nur die wiederkehrende Anwendung dieser Klausel, sondern auch deren Fortschreibung in dem Sinn, dass eine unzulässig ermittelte Rechengröße als Ausgangsbasis aufrechterhalten wird und die Rechte des Unternehmers daran anknüpfen. Ein solches Fortschreiben einer unzulässigen Preisanpassungsklausel liegt demnach etwa dann vor, wenn der Unternehmer seinen aktuellen AGB einen Preis als Ausgangswert (Ausgangspreis) zugrunde legt, der auf einer unzulässigen Preisanpassungsklausel beruht.
Der Kläger ist ein nach § 29 KSchG klageberechtigter Verband. Die Beklagte ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Kärnten, die vor allem Verbraucher mit elektrischer Energie und Gas beliefert. Ihre allgemeinen Lieferbedingungen 2019 enthielten eine unzulässige Preisanpassungsklausel. Im Februar 2020 übermittelte die Beklagte ihren Kunden die neuen allgemeinen Lieferbedingungen 2020, die folgende Klausel enthalten. „Mit der Annahme dieser allgemeinen Lieferbedingungen gelten die aktuell verrechneten Energiepreise als vereinbart.“
Der klagende Verband begehrte, die Beklagte schuldig zu erkennen, die Verwendung dieser Klausel zu unterlassen.
Die beiden Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren statt.
Der Oberste Gerichtshof bestätigte diese Entscheidungen und führte aus:
Die beanstandete Klausel ist keine Preisanpassungsklausel, sondern soll festlegen, welcher Preis bei bestehenden Verträgen mit dem Wirksamwerden der neuen allgemeinen Lieferbedingungen 2020 als vereinbart gilt. Sie legt damit – im Weg einer Zustimmungsfiktion – für Altverträge den Ausgangspreis ab dem genannten Zeitpunkt fest. Es stellt sich die Frage, ob es sich bei dieser Vorgangsweise der Beklagten um ein Weiterverwenden der früheren unzulässigen Preisanpassungsklausel handelt. Dies ist zu bejahen.
Nach § 28 Abs 1 Satz 2 KSchG ist das Unterlassungsgebot auf das „Sich-Berufen“ auf eine unzulässige Klausel zu erstrecken. Mit dem Begriff des „Sich-Berufens“ auf eine Klausel soll zum Ausdruck gebracht werden, dass der Unternehmer eine unzulässige Klausel nicht nur dann weiterverwendet, wenn er diese weiterhin in Verträge einbezieht, sondern auch dann, wenn er Rechte aus dieser (bereits vereinbarten Klausel) herleitet. Auch dies ist unzulässig.
Aus der Entscheidung zu 4 Ob 265/02b folgt, dass jedenfalls die weitere Anwendung einer unzulässigen Klausel ein Sich-Berufen auf diese Klausel ist. Der Zweck des § 28 Abs 1 Satz 2 KSchG besteht darin, jede Art der Weiterverwendung einer unzulässigen Klausel in das Unterlassungsgebot einzubeziehen, um sicherzustellen, dass die rechtswidrige Klausel endgültig aus dem Vertragsverhältnis zwischen dem Unternehmer und den Verbrauchern ausscheidet. Die Grenze für ein verpöntes Weiterverwenden einer unzulässigen Klausel ist weit zu ziehen. Das Sich-Berufen auf eine unzulässige Klausel erfasst daher nicht nur das Weiteranwenden einer unzulässigen Klausel, sondern auch deren Fortschreibung in dem Sinn, dass eine unzulässig ermittelte Rechengröße als Ausgangsbasis aufrechterhalten wird und die Rechte des Unternehmers daran anknüpfen. Ein solches Fortschreiben einer unzulässigen Preisanpassungsklausel liegt demnach etwa dann vor, wenn der Unternehmer seinen aktuellen allgemeinen Geschäftsbedingungen einen Preis als Ausgangswert (Ausgangspreis) zugrunde legt, der auf einer unzulässigen Preisanpassungsklausel beruht.
Nach den dargelegten Grundsätzen ist die in Rede stehende Klausel unzulässig.