Umstieg auf neues Kontomodell bei sonstiger Kündigung der Kontoverbindung
Der OGH hatte zu beurteilen, ob der von einer Bank vorgeschlagene Umstieg auf ein neues Girokontomodell, der bei Nichtakzeptanz die Kündigung des Kontovertrags zur Folge haben sollte, den gesetzlichen Transparenzkriterien entsprach.
Die beklagte Bank versandte im Oktober 2016 Briefe an Kunden mit Girokontoverträgen, in denen sie ihnen mitteilte, dass ihr bisher genutztes Girokontomodell eingestellt werde. Sie empfehle den Umstieg auf ihr neues Kontomodell („*** Small“), dessen Entgelte und Konditionen der beiliegenden Übersicht entnommen werden können. Bei Annahme des Angebots blieben die Kontonummer und die eingerichteten Services unverändert. Liege bis 31.12.2016 kein Umstiegsantrag vor, werde bereits jetzt der bestehende Kontovertrag per 31.1.2017 gekündigt. Den Schreiben lag jeweils ein Antrag mit folgendem Inhalt bei: „Bitte ankreuzen: # Ja, ich möchte auf *** Small umsteigen und vereinbare mit Ihnen hierfür die zugehörigen Leistungen entsprechend der Beilage.“ Die Konditionenübersicht enthielt die Entgelte für mehrere angebotene Kontomodelle, die jeweiligen Leistungen (zB Anzahl der inkludierten Bankomatabhebungen) sowie Zusatzentgelte (zB für weitere Automaten- und für Schaltertransaktionen, Kontoauszüge, Manipulationsentgelte etc). Ob der Umstieg für Kunden wirtschaftlich vor- oder nachteilig war, hing aufgrund der unterschiedlichen Entgelte und Leistungsumfänge vom jeweiligen gekündigten Kontopaket und der individuellen Kontonutzung durch den Kontoinhaber ab.
Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) klagte die Bank auf Unterlassung, im Zusammenhang mit der Änderung von Girokontoverträgen den Verbrauchern nachteilige Änderungen vorzuschlagen, wenn solche Vorschläge ohne detaillierte Gegenüberstellung bisheriger und künftiger Entgeltregelungen vorgenommen werden und/oder die Änderung im Fall der Zustimmung des Verbrauchers vor Ablauf von zwei Monaten gelten soll. Darüber hinaus sollte es die Bank unterlassen, im geschäftlichen Verkehr mit Verbraucher in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern die genannte Klausel („Bitte ankreuzen“) zu verwenden oder sich darauf zu berufen. Nach Ansicht des VKI erreiche die Vorgangsweise der Bank nicht die nach dem ZahlungsdiensteG und dem KSchG erforderliche Transparenz.
Die Beklagte bestritt und wandte im Wesentlichen ein, sie habe den Kunden mit der Kündigung angeboten, den Girokontovertrag mit ihrem Einverständnis zu geänderten Konditionen fortzuführen. Dies sei ohne Einschränkung zulässig und auch verbraucherschutzrechtlich unbedenklich. Eine Gegenüberstellung von Leistungen und Entgelten sei weder gesetzlich vorgeschrieben noch erforderlich. Sie hätte auch keinen Informationswert für den Kunden, weil er sich nicht dafür entscheiden könne, den Kontovertrag mit den bisherigen Konditionen fortzuführen. Die Zwei-Monats-Frist bis zur Anwendung der geänderten Konditionen sei eingehalten, weil die Kunden in den ersten drei Monaten nach Abschluss der Vereinbarung keine Kontoführungsgebühr bezahlen müssten.
Das Erstgericht folgte der Argumentation des VKI und gab dem Klagebegehren statt.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten keine Folge, hielt aber fest, dass der geforderte Vergleich auch durch Übersendung einer aktuellen Konditionenübersicht erfolgen könne.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten teilweise Folge. Er verpflichtete die Beklagte, es zu unterlassen, Änderungsvorschläge ohne Gegenüberstellung bisheriger und künftiger Entgeltregelungen vorzunehmen, wies aber das weitere Begehren bezüglich der Zweimonatsfrist und der „Ankreuzklausel“ ab.
Eine Kündigung unter der Bedingung, dass sich der Vertragspartner mit einer bestimmten Änderung des Vertrags nicht einverstanden erklärt (Änderungskündigung), ist auch im Zusammenhang mit Rahmenverträgen nach dem ZahlungsdiensteG zulässig. Der Änderungsvorschlag unterliegt aber § 29 ZaDiG, nach dem der Zahlungsdienstleister (Bank) dem Zahlungsdienstnutzer (Kunde) Änderungen des Rahmenvertrages spätestens zwei Monate vor dem geplanten Zeitpunkt der Anwendung in einer Weise vorzuschlagen hat, die den Vorgaben des § 26 ZaDiG entspricht. Dieser erfordert klar und verständlich abgefasste Informationen und Vertragsbedingungen. Nach der Rechtsprechung wendet sich das Transparenzgebot auch dagegen, dass Formulierungen dem Verbraucher ein bloß unklares Bild seiner vertraglichen Position vermitteln, dass ihm etwaige wirtschaftliche Nachteile nicht deutlich vor Augen geführt werden oder dass er gezwungen ist, sich die notwendigen Informationen aus anderen Unterlagen zusammenzusuchen. Bei Informationen über eine Änderung des Rahmenvertrages muss daher auch vollständig klar und verständlich zum Ausdruck gebracht werden, was sich ändert. Das entspricht auch dem Normzweck, dem Verbraucher eine fundierte Grundlage für seine Willensbildung zu bieten.
Im konkreten Fall geht aus dem Konditionenblatt für die neuen Kontopakete nicht hervor, ob sich mit einem Umstieg die Vertragsbedingungen verbessern, verschlechtern oder auch gleich bleiben. Der Verbraucher kann den Vergleich oft auch nicht durch einfaches Nachschauen in den Kontoauszügen anstellen, sondern müsste sich die Einzelheiten der aktuellen Konditionen für die jeweiligen Leistungen erst zusammensuchen, seinen Kundenbetreuer aufsuchen oä. Die Situation von Bestandkunden ist auch nicht mit jener von Neukunden vergleichbar, weil erstere den Aufwand eines Marktvergleichs und Anbieterwechsels oft nur bei einer nicht mehr als akzeptabel empfundenen Verschlechterung der Vertragsbedingungen auf sich nehmen. Bei einem Produkt wie einer Girokontoverbindung hat ein Änderungsvorschlag vom Ausmaß wie dem vorliegenden daher so zu erfolgen, dass der Verbraucher in klarer und verständlicher Weise auch den Umfang der Änderungen erkennen kann. Das kann bspw durch Mitübersendung einer Übersicht der bisherigen Entgeltregelungen erreicht werden.
Dass der Verbraucher sein Einverständnis mit den vorgeschlagenen Konditionen auch vor Fristablauf mit sofortiger Wirkung abgeben kann, verstößt nicht gegen die gesetzliche Zweimonatsfrist, weil ein weiterer Fristenlauf nach Abgabe einer verbindlichen Erklärung des Verbrauchers den Zweck einer Überlegungsphase verfehlt.
Ob die „Ankreuzklausel“ als solche intransparent ist, war nicht zu prüfen weil es dem VKI nur um die Verwendung der Klausel im Zusammenhang mit der Änderungskündigung ging und sein Rechtsschutzbedürfnis mit dem ausgesprochenen Unterlassungsgebot gedeckt ist.