Unfallversicherung: Kausalitätsgegenbeweis bei Fehlen der Lenkerberechtigung
Der Nachweis, dass der Unfalllenker selbst mit Lenkerberechtigung denselben Fahrfehler begangen hätte, genügt für den strengen Kausalitätsgegenbeweis nicht.
Der Kläger ist Mitversicherter einer Unfallversicherung, der die AUVB 2015 zugrunde liegen. Deren Art 19.1 AUVB sieht als vor Eintritt des Versicherungsfalls zu beachtende Obliegenheit vor, dass die versicherte Person als Lenker eines Kraftfahrzeugs die jeweilige kraftfahrrechtliche Berechtigung, die zum Lenken dieses oder eines typengleichen Kraftfahrzeugs erforderlich wäre, besitzt.
Der Kläger war als Lenker eines Motorrades an einem Verkehrsunfall beteiligt, für das er eine Lenkerberechtigung der Klasse A benötigt hätte. Tatsächlich verfügte er nur über eine der Klasse A2. Er setzte zum Überholen eines PKW und eines Sattelzugs an. Zur Durchführung dieses Überholvorgangs hatte er den Vorderreifen seines Motorrads gehoben und führte ihn größtenteils nur am Hinterrad fahrend durch (Wheelie). Während dessen kam es zum Frontalzusammenstoß mit einem weiteren PKW.
Die Vorinstanzen gaben dem auf Leistung einer Unfallentschädigung gerichteten Klagebegehren statt. Der Kläger habe den Kausalitätsgegenbeweis durch den Nachweis erbracht, dass er den Fahrfehler auch mit der erforderlichen Lenkerberechtigung begangen hätte.
Der Oberste Gerichtshof billigte diese Rechtsansicht nicht. Für den Fahrer ohne Lenkerberechtigung bleibt nur ein eingeschränkter Kausalitätsgegenbeweis in die Richtung, dass der Unfall durch keinerlei Fahrfehler, sondern durch ein technisches Gebrechen oder das ausschließliche Verschulden von Dritten verursacht wird. Höchstens der Nachweis eines solchen Fahrfehlers kann für den Kausalitätsgegenbeweis hinreichen, der schon seiner Art nach außerhalb jedes Zusammenhangs mit dem erhöhten Risiko steht. Dass der Kläger den Fahrfehler auch mit Lenkerberechtigung der Klasse A, deren Voraussetzungen für die Erteilung er zum Unfallzeitpunkt ohnehin nicht erfüllte, begangen hätte, reicht für den Kausalitätsgegenbeweis nicht aus.