Unlauterer Wettbewerb durch Unterbieten des Vertragsarzttarifs?
Der Wahlarzt/die Wahleinrichtung darf ein geringeres Honorar (etwa in Höhe der Kostenerstattung des Krankenversicherungsträgers) verrechnen als der Vertragsarzt/die Vertragseinrichtung.
Ein physikalisches Institut, das keinen Vertrag mit der Gebietskrankenkasse hat (Wahleinrichtung), verlangt von Patienten nur ein Honorar in der Höhe der Kostenerstattung der Gebietskrankenkasse (80 % des Vertragsärztetarifs), sodass Patienten zwar das Honorar zunächst selbst zahlen (vorstrecken) müssen, es aber zur Gänze von der Gebietskrankenkasse ersetzt erhalten (kein „Selbstbehalt“). Ein Konkurrent (Wahlarzt gleicher Fachrichtung) erblickt darin einen Wettbewerbsverstoß, weil das Unterbieten des Vertragsarzttarifs gegen das Sozialversicherungssystem, das die Sachleistung durch Vertragsärzte/-einrichtungen bevorzuge, gerichtet und daher rechtswidrig sei. Die beklagte Wahleinrichtung verschaffe sich dadurch einen unzulässigen Vorsprung im Wettbewerb durch Rechtsbruch (§ 1 UWG).
Das Begehren, die preisgünstige Wahleinrichtung sei zur Unterlassung ihres Anbots, Patienten zu einem Honorar (bloß) in Höhe des Kostenerstattungsbetrags der Gebietskrankenkasse zu behandeln, verpflichtet, wurde abgewiesen. Das vom Sachleistungsprinzip beherrschte Krankenversicherungssystem, das Patienten möglichst mittels an die Sozialversicherung vertraglich gebundenen Ärzten und Einrichtungen versorgen will (Vertragsärzte und -einrichtungen) und nur ausnahmsweise die Kosten von anderen Ärzten und Einrichtungen (teilweise) übernimmt, rechtfertigt eine zwingende Honoraruntergrenze (Mindestpreis) nicht. Eine derartige Wettbewerbsbeschränkung ist weder aus dem Gesetz (§ 131 ASVG) abzuleiten noch sachlich gerechtfertigt: Der Patient, der zum Wahlarzt/zur Wahleinrichtung geht, nimmt ohnehin den Nachteil in Kauf, das Honorar vorstrecken zu müssen, selbst wenn er es – wie hier – ausnahmsweise zur Gänze ersetzt erhält. Der Wahlarzt ist zwar nicht durch einen Kassenvertrag gebunden (keine Behandlungspflicht, keine Kontrollbefugnisse der Krankenversicherung), diesen Vorteilen steht aber in diesem Fall der Nachteil gegenüber, auf einen Teil seines Honorars zu verzichten, das er als Kassenvertragsarzt erhalten würde. Behandlungsleistungen als Wahlarzt billiger anzubieten als ein Vertragsarzt ist daher kein unlauterer Wettbewerb.