Unlauteres Koppelungsangebot an ein Bestattungsunternehmen
Die Koppelung einer öffentlich-rechtlich begründeten Überlassungsverpflichtung mit dem aufgedrängten Abschluss eines privatrechtlichen Vertrags ist aufgrund des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung unlauter.
Die im Eigentum einer niederösterreichischen Stadt stehende beklagte Gesellschaft betreibt ein Bestattungsunternehmen und verwaltet den städtischen Friedhof. Die Klägerin betreibt ein Bestattungsunternehmen und führt auch Bestattungen auf dem von der Beklagten verwalteten Friedhof durch, teilweise unter Benützung der Aufbahrungshalle. Die Durchführung einer Sargbestattung ist laut einer landesgesetzlichen Bestimmung nur unter Benützung der Aufbahrungshalle zulässig. Dazu muss die Klägerin die Nutzung bei der Beklagten zu einem bestimmten Termin reservieren. Die Beklagte verlangt dafür die gesetzlich vorgesehenen Gebühren. Darüber hinaus schreibt die Beklagte für „Aufbahrung“ und „Personal“ einen Fixpreis vor. Diese beiden Positionen kann die Klägerin nicht abbestellen, weil sie ohne diese Leistungen des Bestattungsunternehmens der Beklagten die Aufbahrungshalle nicht reservieren und benützen darf.
Die Klägerin begehrte von der Beklagten, es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, ihre Sonderstellung im Rahmen der Ausübung der Friedhofsverwaltung zur Förderung eigenen Wettbewerbs dadurch zu missbrauchen, dass der Klägerin als Voraussetzung für die Terminfixierung für Bestattungen und die Benützung der Aufbahrungshalle die Bestellung von Leistungen abverlangt wird. Die Beklagte zwinge ihren Mitbewerbern durch die beanstandete Vertragsgestaltung die Abnahme von unerwünschten Leistungen auf.
Der Oberste Gerichtshof bestätigte die klagsstattgebende Entscheidung des Berufungsgerichts.
Die Beklagte besorgt einerseits die dem öffentlich-rechtlichen Bereich zuzuordnende Friedhofsverwaltung, andererseits betreibt sie im Rahmen privatwirtschaftlicher Betätigung ein Bestattungsunternehmen. Die Zusatzleistungen schließt sie im Rahmen ihrer Privatautonomie ab. Damit unterliegt die beanstandete Vertragsgestaltung mit ihren Kunden einer lauterkeitsrechtlichen Kontrolle. Die Beklagte macht die Überlassung der Aufbahrungshalle davon abhängig, dass die Klägerin gleichzeitig einen Vertrag über zusätzliche Leistungen schließt. Dadurch liegt eine Koppelung einer öffentlich-rechtlich begründeten Überlassungsverpflichtung mit dem Abschluss eines privatrechtlichen Vertrags vor. Koppelungsangebote sind nur bei Hinzutreten besonderer Umstände unlauter, so etwa bei Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung. Dieser Missbrauch ist der Beklagten vorzuwerfen und als unlautere Geschäftspraktik zu untersagen.