Untreue des Vorstands einer AG durch verbotene Einlagenrückgewähr
Eine Aktiengesellschaft und ihre Aktionäre sind nicht wirtschaftlich ident. Vermögensverschiebungen innerhalb eines Konzerns können einen Untreueschaden herstellen. Zu den Grenzen der Befugnisse des Vorstands einer (Mutter-)AG im Verhältnis zu einer 100 prozentigen Tochtergesellschaft.
Das Landesgericht als Schöffengericht verurteilte zwei Vorstandsmitglieder einer (Tochter-)AG wegen Untreue, weil sie durch Bilanzmanipulationen fiktive Erträge auswiesen, die der (Mutter-)AG als Alleinaktionärin der (Tochter-)AG zuflossen. Solcherart kam es zu einer verbotenen Einlagenrückgewährung.
Der Oberste Gerichtshof gab den Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten nicht Folge. Er hielt insbesondere fest:
Ein ordentliches und gewissenhaftes Vorstandsmitglied der (Tochter-)AG hätte, weil die Muttergesellschaft nur Anspruch auf den redlich festgestellten Bilanzgewinn hatte, weder eine für den Geschäftsbetrieb der Tochter-AG nicht erforderliche Barvorlage in Anspruch genommen noch Einlagen an die Alleinaktionärin zurück gewährt. Denn nicht die Alleinaktionärin, sondern die Aktiengesellschaft ist vor Vermögensbeeinträchtigungen geschützt. Vor allem der fehlende Einfluss der Aktionäre auf den gesamten Bereich der Geschäftsführung steht einer (wirtschaftlichen) Identifikation von Aktionären und Aktiengesellschaft entgegen.
Dem Einwand, dass Vermögensverschiebungen innerhalb von Unternehmen eines Konzerns keinen Untreueschaden darstellen können, ist entgegenzuhalten, dass dem Konzern keine eigene Rechtspersönlichkeit zukommt.
Das Vermögen der AG stellt nicht nur für die Vorstandsmitglieder der (Tochter-)AG, sondern auch für die Alleinaktionärin der (Tochter-)AG ein fremdes Vermögen dar.
Eine Zustimmung des Vorstands der (Mutter-)AG als Alleinaktionärin wirkt schon deshalb nicht als Dispens von der Treuepflicht, weil die Organe der Alleinaktionärin nicht Inhaber der Vermögensrechte der Tochter-AG und solcherart auch nicht im dargestellten Sinn befugt waren, in eine Schädigung der Tochtergesellschaft einzuwilligen.
Bei der zu Lasten einer AG begangenen Untreue ist nicht der mittelbare Schaden der (Mutter-)AG als Alleinaktionärin, sondern der unmittelbare Nachteil der (Tochter-)Gesellschaft maßgebend.
Bei einer „Einmann-GmbH“ führt nicht die Vereinigung aller Gesellschaftsanteile in einer Hand zur Annahme einer straflosen Selbstschädigung, sondern der Umstand, dass in diesem Sonderfall der „Täter“ zugleich einziger „Geschädigter“ ist.
Bleibt anzumerken, dass im vorliegenden Fall die Alleinaktionärin ihrerseits eine Mehrheit von Aktionären hatte. Eine Einwilligung sämtlicher Aktionäre der Muttergesellschaft zu einer Selbstschädigung lag aber nicht vor.