Unzulässigkeit von „Geschlechterklauseln“ in Gesellschaftsverträgen
Differenzierungen nach dem Geschlecht in Gesellschaftsverträgen sind jedenfalls unzulässig, soweit dadurch der Zugang zur Ausübung unternehmerischer Tätigkeit eingeschränkt wird.
In einem 1963 abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag über die Errichtung einer Kommanditgesellschaft war vorgesehen, dass im Fall des Ablebens eines Gesellschafters dessen gesetzliche männliche Erben in seine Rechte und Pflichten eintreten.
Ein Gesellschafter begehrte gegenüber den beiden Mitgesellschaftern die Feststellung der Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrags in den betreffenden Punkten insoweit, als Frauen nicht mit Männern gleichgestellt sind. Der ursprüngliche Kläger verstarb während des Verfahrens; das Verfahren wurde durch die Verlassenschaft fortgesetzt.
Die Vorinstanzen gaben dem Feststellungsbegehren statt. Der Oberste Gerichtshof bestätigte diese Entscheidung. Nach der Richtlinie 2010/41/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Juli 2010 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, die eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben, hat jegliche unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts im öffentlichen oder privaten Sektor, etwa in Verbindung mit der Gründung, Einrichtung oder Erweiterung eines Unternehmens bzw der Aufnahme oder mit der Ausweitung jeglicher anderen Art von selbständiger Tätigkeit, zu unterbleiben. Bei der gebotenen Abwägung zwischen der Privatautonomie der Gesellschafter bei der Gestaltung der Nachfolge der Komplementäre mittels generell-abstrakter Regelungen des Gesellschaftsvertrags und dem Verbot der Diskriminierung nach dem Geschlecht gibt die der Richtlinie und dem GlBG zu entnehmende Wertung den Ausschlag, zumal ein schutzwürdiges Bedürfnis der Gesellschafter, in den Nachfolgeregelungen nach dem Geschlecht zu differenzieren, nicht dargetan wurde.