Urlaubsersatzleistung bei unberechtigtem Austritt
Nach dem Erkenntnis des EuGH im Vorabentscheidungsverfahren steht fest, dass der im Urlaubsgesetz normierte Entfall des Anspruchs auf Urlaubsersatzleistung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch unberechtigten Austritt des Arbeitnehmers unionsrechtwidrig ist (Widerspruch zu Art 7 Abs 2 der Richtlinie 2003/88, die für jeden Arbeitnehmer einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen vorsieht). Das hat jedoch nur Auswirkungen auf den unionsrechtlich garantierten Mindesturlaub. Eine finanzielle Abgeltung des innerstaatlich darüber hinausgehenden Urlaubsteils ist unionsrechtlich nicht geboten.
Die Beschäftigung des Klägers bei der Beklagten endete durch unberechtigten vorzeitigen Austritt des Klägers. Von dem im Beschäftigungszeitraum erworbenen Urlaubsanspruch von 7,33 Arbeitstagen hatte der Kläger 4 Tage verbraucht.
Der Kläger begehrte Urlaubsersatzleistung von 322,06 EUR sA für den bei Ende des Arbeitsverhältnisses noch offenen Urlaubsanspruch. Die Beklagte bestritt und verwies darauf, dass nach dem Urlaubsgesetz bei unberechtigtem Austritt keine Urlaubsersatzleistung zusteht.
Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren aufgrund der Gesetzeslage ab.
Der Oberste Gerichtshof legte die Rechtssache zunächst dem Europäischen Gerichtshof vor. Dieser beantwortete das Vorabentscheidungsersuchen dahingehend, dass das Unionsrecht einer nationalen Vorschrift entgegensteht, wonach eine Urlaubsersatzleistung für das laufende letzte Arbeitsjahr nicht gebührt, wenn der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin das Arbeitsverhältnis ohne wichtigen Grund vorzeitig einseitig beendet (C-233/20).
Der Oberste Gerichtshof gab nach Vorliegen dieser Entscheidung der Revision des Klägers teilweise Folge:
Ausgehend vom Erkenntnis des EUGH hat der unberechtigt vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausgetretene Kläger grundsätzlich einen Anspruch auf Abgeltung des zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch nicht verbrauchten Urlaubsrests.
Die Richtlinie legt allerdings nur Mindestvorschriften fest, die von den Mitgliedstaaten zu beachten sind, doch haben diese das Recht, für die Arbeitnehmer günstigere Vorschriften zu erlassen. Da das Urlaubsgesetz dem Arbeitnehmer einen Urlaubsanspruch von fünf bzw sechs Wochen gewährt, geht die innerstaatliche Rechtslage über die unionsrechtlich erforderlichen Mindestansprüche hinaus und ist insoweit günstiger als das Unionsrecht. Für diesen Urlaubsteil kann das innerstaatliche Recht aber die Bedingungen für die Gewährung und den Entfall selbst festlegen.
Daher ist eine finanzielle Abgeltung des über den vierwöchigen Mindesturlaub hinausgehenden Urlaubsteils unionsrechtlich nicht geboten. Die dem Kläger gebührende Urlaubsersatzleistung errechnet sich auf Basis des unionsrechtlichen Mindesturlaubs von vier Wochen abzüglich des bereits verbrauchten Urlaubs, im konkreten Fall ergibt sich daraus ein Anspruch auf Urlaubsersatzleistung für 1,86 Tage.