Veränderungen am Grab ohne Zustimmung der nächsten Angehörigen
Die eigenmächtige Verlegung der Steineinfriedung und des Familiengrabs weg von der Beisetzungsstelle eines – ursprünglich im Familiengrab beerdigten – Leichnams bewirkt eine Verletzung des nach dem Tod fortwirkenden Persönlichkeitsrechts der beigesetzten Person, zu deren Geltendmachung ihre nächsten Angehörigen berechtigt sind.
Die Mutter der Klägerin ist im Familiengrab beerdigt. Zu dieser Familie gehören die Klägerin, die Zweitbeklagte und der Drittbeklagte. Die Rechtsträgerin des Friedhofs (Erstbeklagte) beabsichtigte eine Umgestaltung (Begradigung). Die Zweitbeklagte erklärte sich damit einverstanden und beauftragte im Einvernehmen mit ihrem Sohn (den Drittbeklagten) einen Steinmetzmeister mit der „Verlegung“ des Grabs. Dabei wurde die Grabeinfriedung inklusive Grabstein um ca 60 cm versetzt und anstelle der Holzeinfriedung eine Steineinfriedung errichtet, sodass die Besetzungsstelle der Mutter der Klägerin (zumindest zum Teil) nunmehr außerhalb der Steineinfriedung liegt.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Begehren der Klägerin auf Wiederherstellung des vor dem Eingriff bestehenden Zustands gegenüber allen Beklagten statt.
Er folgerte, dass die eigenmächtige Verlegung der Steineinfriedung einen Eingriff in das aus der Menschenwürde erfließende postmortale Persönlichkeitsrecht (Totenfürsorge) bewirkte, das als absolutes Recht Schutz gegenüber jedermann genießt. Durch die Beisetzung in einem Grab wird sowohl die Frage der Gestaltung des Grabs als auch jene des Grabsteins zu einer – ungeachtet ihrer erbrechtlichen Stellung – gemeinsamen Angelegenheit der jeweiligen nächsten Angehörigen der beigesetzten Personen, deren Bedeutung und Ausformung für alle Beteiligten vom Standpunkt der Pietät, aber auch der gepflogenen Übereinstimmung geprägt ist. Über die Art der Ausübung der Totenfürsorge und über Veränderungen an Grab und Grabstein können daher nur alle nächsten Angehörigen der im Familiengrab beigesetzten Personen gemeinsam entscheiden. Wer nach der Friedhofsordnung für die Grabstelle nutzungsberechtigt ist, ist dabei nicht relevant.
Für einen Eingriff in das postmortale Persönlichkeitsrecht als absolut geschütztes Recht haften auch jene, die – wie die Zweit- und der Drittbeklagte – den Eingriff durch eine andere Person bloß veranlassten oder diese Person darin bestärkten.