Verkehrssicherungspflicht des Bestellers eines Zeitungsabonnements
Verkehrssicherungspflicht des Bestellers eines Zeitungsabonnements bei täglicher Frühzustellung gegenüber dem Austräger, wenn dieser mangels zur Verfügung gestellter Zeitungsrolle bzw offenen Briefkastens (am Zaun) am ungeräumten und ungestreuten Weg zur Haustüre zu Sturz kommt.
Die Klägerin kam am 2. 1. 2004 gegen 6.00 früh als Zeitungsausträgerin anlässlich der Zustellung einer Tageszeitung im Bereich der Hauszufahrt der Beklagten zu Sturz und verletzte sich hiebei schwer (mehrere Brüche). Die Beklagte war seit 1. 12. 1987 Abonnentin dieser Tageszeitung, wobei die Zustellung stets vereinbarungsgemäß durch verlagseigene Austräger erfolgte. Die Zeitung wurde von diesen Zeitungsausträgern, so auch von der Klägerin, immer vor die Haustüre gelegt, da der Postkasten nur mit einem Schlüssel zu öffnen war. An der Grundstücksgrenze befand sich ein Holzzaun, an dem aber keine sogenannte Zeitungsrolle angebracht war. Zufahrt und Zugang zum Haus der Beklagten sind leicht abschüssig. Die Klägerin stürzte aufgrund der winterlichen, nicht geräumten Verhältnisse auf einer Eisplatte, über die sich eine Schneeschicht gelegt hatte.
Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin zuletzt Schmerzengeld, Verdienstentgang und Pflegeaufwandersatz sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten für zukünftige Folgen und Schäden aus dem Unfall. Das Erstgericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 11.255,40 EUR sA und wies das Mehrbegehren von 12.544,60 EUR sA ab. Es stellte weiters fest, dass die beklagte Partei der Klägerin für alle zukünftigen Folgen und Schäden aus dem gegenständlichen Unfall zur Hälfte hafte.
Das Erstgericht ging von einer gleichteiligen Haftung aus, das Berufungsgericht von der Alleinhaftung der Beklagten.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge. Da die Beklagte schon über eineinhalb Jahrzehnte Abonnentin einer täglich in den frühen Morgenstunden ausgelieferten Tageszeitung war und in einer während des Winters (offenbar) exponierten Lage wohnt, trafen sie nicht bloß als Eigentümerin der hievon betroffenen Liegenschaft jedenfalls für die Zeit von 6.00 bis 22.00 Uhr die in § 93 Abs 1 StVO näher umschriebenen Anrainerpflichten, sondern überdies (zusätzlich) aus dem Abonnementvertrag erfließende Schutz- und Sorgfaltspflichten.
Die Verpflichtung zur Freihaltung und Streuung von (Zugangs-)Wegen besteht hiebei nicht nur zwischen den Vertragspartnern selbst, sondern auch gegenüber dritten Personen, sofern der räumliche Kontakt mit solchen mit der vertraglich zu erbringenden Hauptleistung bei Vertragsabschluss voraussehbar war und der Vertragspartner ein unmittelbares eigenes Interesse an diesen Personen hat oder selbst gegenüber diesen Personen fürsorgepflichtig ist.
Derartiges muss bei einer wie hier bestellten, gewünschten und viele Jahre gepflogenen Hauszustellung einer Tageszeitung, wie sie landesweit von zahlreichen Zeitungsvertreibern angeboten wird, im Bezug auf den die Morgenzustellung ausführenden Austräger angenommen werden. Besteht eine gefährliche Stelle im Zugangsbereich – wie dies unstrittig Schneefall, Glätte und Eis in Verbindung mit Abschüssigkeit darstellen –, so hat der diesen Zeitungszustelldienst in Anspruch nehmende Hauseigentümer auch die (vertragliche) Pflicht, zur Vermeidung einer Schädigung desselben in seiner körperlichen Integrität (§ 1325 ABGB) entsprechende Säuberungs- und Räumungspflichten wahrzunehmen oder (wenn ihm dies wegen der frühen Morgenstunde zu beschwerlich ist), zumindest dafür Sorge zu tragen, dass dem Zeitungsausträger zur Abgabe und Ablage des ausgelieferten Mediums ein offener Briefkasten oder eine Zeitungsrolle, wie sie standardmäßig angeboten und verwendet werden, zur Verfügung stehen. Durch eine solche – vertragliche – Verkehrssicherungspflicht werden auch die sonst maßgeblichen Zumutbarkeitskriterien nicht überspannt noch die Risikoüberschaubarkeit unzumutbar erweitert.