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Verletzung eines Polizisten bei der Festnahme und Schadenersatz

 
 

Fehlt es an der Schaffung einer gesteigerten Gefahrensituation durch eine nach § 9 UbG festzunehmende Person, wird diese nicht schadenersatzpflichtig für die Verletzung, die ein Polizist bei der Festnahme erlitten hat.

Der Beklagte litt an einer Depression und fügte sich aufgrund dieser selbst eine Verletzung am Fuß zu, deretwegen er in ein Krankenhaus eingeliefert wurde. Entgegen dem Wunsch der Ärzte, die psychiatrische Abteilung eines Landeskrankenhauses aufzusuchen, verließ der Beklagte das Krankenhaus. Wegen der Gefahr der Selbstgefährdung verständigten die Ärzte die Polizei, die den Beklagten finden und dem Amtsarzt vorführen sollte, um eine Unterbringung nach dem Unterbringungsgesetz (UbG) zu veranlassen. Eine Beamtin und ein zweiter Beamter fanden den Beklagten und wollten ihm helfen, aber der Beklagte riss sich, als zwei weitere Beamte eintrafen, los und lief davon.

Am Bahnhof konnten die Beamten den Beklagten stellen, der sich in weiterer Folge gegen seine Festnahme nur passiv wehrte, indem er sich an die Wand lehnte und die Hände hinter dem Rücken versteckte. Der Kläger und ein weiterer Beamter legten in weiterer Folge beim Beklagten die Armwinkelsperre an, die schmerzhaft ist, sodass sich der Beklagte nach vorne neigte, bis er zu Boden stürzte. Um den Sturz abzufangen, ergriffen die Beamten mit ihrer jeweils freien Hand den Beklagten im Bereich der Schultern vorne. Dabei wurde die rechte Hand des Klägers zwischen der Brust des Beklagten und dem Asphalt eingeklemmt und der Kläger erlitt eine Abschürfung am Ellenbogen und eine Prellung/Zerrung des rechten Handgelenks. Dem Beklagten wurden Handschellen auf dem Rücken angelegt. Er wurde dem Amtsarzt vorgeführt, der seine Unterbringung veranlasste.

Die Rechtswidrigkeit eines schädigenden Verhaltens wird bei der Verletzung absolut geschützter Rechtsgüter – hier des Rechts des Klägers auf körperliche Unversehrtheit – im Weg einer umfassenden Interessenabwägung geprüft, bei der insb zu berücksichtigen ist, welche Verhaltenspflichten die Beteiligten (insbesondere der Schädiger) erfüllen können bzw ihnen zumutbar sind, ob das in Frage stehende Verhalten ex ante geeignet war, den schädigenden Erfolg (wahrscheinlich) herbeizuführen, sowie welcher Wert den bedrohten Rechtsgütern und Interessen zukommt. Selbst wenn man hier davon ausginge, dass das Verhalten des Beklagten von der Rechtsordnung verpönt wäre und dass die vom Kläger und seinem Kollegen gewählte Vorgangsweise der Festnahme durch Anlegen von Handfesseln auf dem Rücken des Beklagten nach den Umständen des Falles das gelindeste zum Ziel führende Mittel iSd § 9 Abs 3 UbG war, so fehlt es im konkreten Fall an der Schaffung einer gesteigerten Gefahrensituation durch den Beklagten, die deutlich über das allgemeine Berufsrisiko eines Polizisten hinausginge.

Zum Volltext im RIS.

 
ogh.gv.at | 15.11.2024, 12:11
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/verletzung-eines-polizisten-bei-der-festnahme-und-schadenersatz/)

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