Verlust des Rechts zum Rücktritt von einem als sogenanntes Haustürgeschäft abgeschlossenen Immobilienmaklervertrag
Ein Verbraucher kann von einem Fernabsatzvertrag oder einem außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag grundsätzlich binnen 14 Tagen ohne Angabe von Gründen zurücktreten. Von diesem Rücktrittsrecht gibt es Ausnahmen. Eine gesetzliche Ausnahme ist die Situation, dass der Verbraucher verlangt, dass der Unternehmer noch vor Ablauf der Rücktrittsfrist mit seiner Leistung beginnt. Ist dies geschehen und hat der Unternehmer seine Leistung vollständig erbracht, kann der Verbraucher nicht mehr zurücktreten. Dies setzt aber einen bestimmten Kenntnisstand des Verbrauchers voraus.
Ein Verbraucher wollte seine Wohnung verkaufen. Er rief eine Immobilienmaklerin an. Diese besuchte ihn zunächst in seiner Wohnung. Später wurde an der Arbeitsstelle des Verbrauchers der Immobilienmaklervertrag geschlossen. Weil der Verbraucher ein sofortiges Tätigwerden der Immobilienmaklerin wünschte, wurde ein entsprechendes Kästchen im Vertragsformular angekreuzt. Darin erklärte der Verbraucher, das sofortige Tätigwerden zu wünschen und zur Kenntnis zu nehmen, dass er bei vollständiger Vertragserfüllung das Rücktrittsrecht vom Maklervertrag verliert. Der Verbraucher las den Vertrag durch und unterschrieb. In dem Vertrag war vorgesehen und zuvor auch mündlich besprochen worden, dass der Verbraucher der Immobilienmaklerin drei Prozent vom Verkaufspreis zu zahlen hat.
Die Immobilienmaklerin wurde sofort tätig und fand einen Käufer, der die Wohnung kaufte und den Kaufpreis dem Verbraucher zahlte. Nachdem die Immobilienmaklerin vom Verbraucher die vertraglich vereinbarte Maklerprovision verlangte, erklärte der Verbraucher, vom Vertrag zurückzutreten.
Im Prozess über die von der Immobilienmaklerin eingebrachten Zahlungsklage vertrat der Verbraucher die Ansicht, die Frist für den Rücktritt sei noch offen, weil die Immobilienmaklerin ihm nicht alle im Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz vorgesehen Informationen erteilt hätte, zB keine Informationen über die Bedingungen, die Fristen und die Vorgangsweise für die Ausübung des Rücktrittsrechts. Weil nicht alle Informationen erteilt worden seien, dürfe sich die Immobilienmaklerin auch nicht auf die Ausnahmevorschrift berufen. Diese setzt nämlich eine völlige Erfüllung der Informationspflichten voraus.
Das Erstgericht gab der Klage statt.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Verbrauchers nicht Folge und führte aus:
Offenkundiger Zweck der Ausnahmevorschrift ist, den Unternehmer davor zu schützen, dass der Verbraucher zurücktritt, nachdem die Dienstleistung schon vollständig erbracht wurde. Die Vorschrift geht auf eine Bestimmung der Verbraucherrechte-Richtlinie der Europäischen Union zurück. Weder der Wortlaut der Richtlinie noch der Wortlaut der österreichischen Umsetzungsvorschrift verlangt, dass der Verbraucher in völliger Entsprechung aller anderen Vorschriften belehrt wurde. Nur die in der Ausnahmevorschrift selbst genannten Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit der Verbraucher nicht mehr zurücktreten kann. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Insbesondere wurde dadurch, dass das entsprechende Kästchen angekreuzt und hierauf der Vertrag gelesen und unterschrieben wurde, das Verlangen auf vorzeitige Vertragserfüllung zum Ausdruck gebracht. Ob ein Verbraucher selbst das Kästchen ankreuzt oder mit seinem Willen getragen und in seiner Anwesenheit der Vertragspartner dies für ihn tut, kann keinen Unterschied machen. Dass der Verbraucher höchstpersönlich das Ankreuzen eines solchen Kästchens vornehmen muss, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.