Versicherungsvertragsrecht: Zum Begriff des Einbruchsdiebstahls in der Sachversicherung
Das Vorliegen des von §§ 127, 129 Abs 1 StGB geforderten Zueignungs- und Bereicherungsvorsatzes ist nicht Voraussetzung für das Vorliegen eines Einbruchsdiebstahls im Sinn der Versicherungsbedingungen.
Der Kläger mietete ab September 2017 ein Atelier in einer ehemaligen Traktorfabrik und ging dort seiner künstlerischen Tätigkeit nach. 2019 brachen Gehilfen der Vermieterin das Schloss zum Atelier des Klägers auf und verbrachten die dort befindlichen Fahrnisse, wie etwa Möbel und Kunstwerke, an einen dem Kläger unbekannten Ort. Der Grund dafür war ein Streit zwischen dem Kläger und der Vermieterin über die Befristung des Mietverhältnisses. Im Jahr 2020 erfuhr der Kläger durch den Mieter eines anderen Bestandobjekts zufällig, dass seine Gegenstände in einem Container auf dem Gelände der Traktorfabrik eingelagert waren. Der Kläger erlangte seine Fahrnisse mit einigen Ausnahmen wieder zurück. Die Gehilfen der Vermieterin hatten keinen Vorsatz, sich aus den Kunstwerken und sonstigen Fahrnissen des Klägers zu bereichern.
Der Kläger begehrt vom beklagten Versicherer (ua) die Kosten für die Instandsetzung der Kunstwerke, die im Zuge der Wegnahme beschädigt worden seien.
Die Beklagte wendete ein, es liege weder ein versuchter noch ein vollendeter Einbruchsdiebstahl im Sinn der Versicherungsbedingungen vor, weil die Täter keinen Bereicherungsvorsatz gehabt hätten.
Das Erstgericht erkannte das Zahlungsbegehren als dem Grunde nach zu Recht bestehend. Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge. Nach den vereinbarten Versicherungsbedingungen sind Sachschäden, die durch einen vollbrachten oder versuchten Einbruchdiebstahl entstehen, versichert. In der Folge definiert aber die einschlägige Bedingung abweichend von § 129 Abs 1 StGB in sechs Ziffern, welche Begehungsformen als Einbruchsdiebstahl zu qualifizieren sind, ohne dass dort ein Zueignungs- und Bereicherungsvorsatz des Täters ausdrücklich als Voraussetzung angeführt wäre. Für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer ist daher aus dem Wortlaut der Bedingungen nicht ersichtlich, dass neben den dort angeführten Begehungsformen ein vorsätzliches Handeln des Täters für die Qualifikation als Einbruchsdiebstahl erforderlich wäre. Vielmehr geht er ohne einen Anhaltspunkt im Wortlaut der Bedingungen auf einen Zueignungs- und Bereicherungsvorsatz davon aus, dass schon bei Vorliegen einer der in den Bedingungen genannten Begehungsformen ein Einbruchsdiebstahl vorliegt. Dies umso mehr, als es sich regelmäßig der Kenntnis des Versicherungsnehmers entzieht, ob der Täter mit Zueignungs- und Bereicherungsvorsatz gehandelt hat.
Zusammengefasst ist daher das Vorliegen des von §§ 127, 129 Abs 1 StGB geforderten Zueignungs- und Bereicherungsvorsatzes nicht Voraussetzung für die Annahme eines Einbruchsdiebstahls im Sinn der Bedingungen.