Vertragsabschluss auf (Verkaufs-)Messe – kein Rücktrittsrecht des Konsumenten nach § 11 Abs 1 FAGG
Ein Messestand, den ein Unternehmer während der gesamten Dauer einer – wenn auch nur einmal jährlich für gut eine Woche stattfindenden – Verkaufsmesse betreibt, an dem er also in dieser Zeit seine unternehmerische Tätigkeit entfaltet, stellt einen Geschäftsraum iSd § 3 Z 3 FAGG dar. Von einem dort abgeschlossenen Vertrag können Verbraucher deshalb nicht gemäß § 11 Abs 1 FAGG binnen 14 Tagen ohne Angabe von Gründen zurücktreten.
Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Klausel, wonach bei unberechtigtem Vertragsrücktritt des Kunden eine Stornogebühr in Höhe des entstandenen Schadens, zumindest aber von 20 % der Bruttorechnungssumme zu zahlen ist, ist gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ZPO.
Zwei Ehegatten (Konsumenten) schlossen am Messestand der beklagten Unternehmerin im Rahmen der Messe Wien „Wohnen und Interieur 2015“ einen Vertrag über die Lieferung und Montage einer Einbauküche. Binnen 14 Tagen nach Vertragsabschluss teilten sie der Beklagten mit, dass sie aus privaten Gründen den vereinbarten Kaufpreis nicht aufbringen könnten und deshalb vom Vertrag zurücktreten wollten. Die Beklagte bestand auf der Leistung der auf ihren (Vertragsbestandteil gewordenen) Allgemeinen Geschäftsbedingungen basierenden Stornogebühr von 20 % des vereinbarten Bruttorechnungsbetrags.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Begehren auf Rückzahlung der geleisteten Stornogebühr statt. Er stellte klar, dass kein Rücktrittsrecht der Konsumenten nach § 11 Abs 1 FAGG bestand, weil es sich beim Vertragsabschluss im Rahmen der Verkaufsmesse nicht um einen „Außergeschäftsraumvertrag“ iSd § 3 Z 1 lit a FAGG handelte, bejahte aber die hilfsweise geltend gemachte Nichtigkeit der Stornoklausel, weil die Beklagte danach immer Anspruch auf mindestens 20 % des vereinbarten Preises hätte, also auch dann, wenn ihr – wie hier – nur ein deutlich geringerer oder sogar überhaupt kein Schaden entstanden ist.