„Weg“ oder „Bauwerk“? Zur Haftung für Poller in einer Fußgängerzone
Es ist vertretbar, fixe Poller nicht als Bauwerke im Sinne des § 1319 ABGB, sondern als Teil eines Weges im Sinne des § 1319a ABGB anzusehen.
Eine Stadtgemeinde stellte in der Innenstadt auf eigenem Grund vor Geschäften mit Markisen zu deren Schutz kniehohe, sich vom Straßenpflaster auch farblich unterscheidende Marmorpoller auf. Sie dienten der örtlichen Teilung der Straße dahin, dass mehrspurige Fahrzeuge an der Nutzung eines Teils der Straße unmittelbar vor den ausfahrbaren Markisen gehindert werden sollen. Die Klägerin übersah dennoch, in ein Gespräch vertieft, einen solchen Poller, stürzte und verletzte sich schwer. Sie begehrte von der Stadtgemeinde Schadenersatz.
Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin nicht Folge und führte aus:
Für „im Zuge eines Weges befindliche Anlagen“ haftet der Wegehalter grundsätzlich nach § 1319a ABGB, der Vorrang vor der – strengeren – Haftung des Halters eines Bauwerks nach § 1319 ABGB hat. Nur wenn ein besonderes Interesse des Wegehalters am betreffenden Werk besteht, er etwa von diesen Anlagen konkret profitiert und sie nicht der besseren Benutzbarkeit der Verkehrsfläche dienen, sondern – wie nach der bisherigen Rechtsprechung etwa versenkbare „Pilomaten“ – nach ihrer Zweckbestimmung ein Hindernis für die Wegbenützung an sich bilden sollen, käme eine Bauwerkehaftung nach § 1319 ABGB in Betracht.
Der Poller, über den die Klägerin stürzte, diente jedoch der örtlichen Teilung der Straße dahin, dass mehrspurige Fahrzeuge an der Nutzung eines Teils der Straße unmittelbar vor deren ausfahrbaren Markisen gehindert werden sollen, und damit der Regelung des örtlichen (Zuliefer-) Verkehrs. Der Oberste Gerichtshof erachtete es daher für nicht korrekturbedürftig, in diesem Fall mangels Eigeninteresse der Stadt nur die – weniger strengen – Regeln für Wegehalter anzuwenden und einen mangelhaften Zustand des Weges zu verneinen. Diese Poller fallen bei verkehrsüblicher Aufmerksamkeit und notwendiger Sorgfalt der Klägerin wie jedem anderen durchschnittlich aufmerksamen Fußgänger, der vor die eigenen Füße schaut, sofort in die Augen und können problemlos umgangen werden.