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Zu dem vom Anwendungsbereich der EuGVVO 2000 ausgeschlossenen Bereich der „ehelichen Güterstände“

 
 

Eine Schadenersatzklage der betrogenen Ehefrau gegen ihren Ehemann wegen der Kosten eines Detektivs zur Feststellung des Ehebruchs fällt nach Art 1 Abs 2 lit a EuGVVO 2000 nicht in deren Anwendungsbereich.

Die Ehefrau begehrte (nur) von ihrem in Deutschland wohnhaften (geschiedenen) Ehemann den Ersatz ihres Schadens von 30.504,37 EUR sA an Honorar einer Detektei. Es habe sich der Verdacht ergeben, dass der Beklagte eine ehewidrige Beziehung pflege. Deshalb habe sie eine Detektei mit der Observierung des Beklagten beauftragt, um Gewissheit darüber zu erlangen, ob er tatsächlich eine außereheliche Beziehung führe. Das sei durch den Bericht bestätigt worden. Der Ehemann wendete ua fehlende internationale Zuständigkeit ein.

Das Erstgericht wies die Schadenersatzklage zurück, weil der Ausnahmetatbestand des Art 1 Abs 2 lit a EuGVVO nicht erfüllt sei, sodass zwar Art 5 Nr 3 EuGVVO zur Anwendung komme, aber zu keinem Gerichtsstand in Österreich führe. Es komme daher der allgemeine Gerichtsstand des Beklagten in Deutschland zum Tragen. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung.

Der Oberste Gerichtshof übernahm diese Rechtsansicht nicht. Er berief sich dazu auf die weite Auslegung des Begriffs „eheliche Güterstände“ durch den EuGH, wonach unter diesen Ausschlusstatbestand grundsätzlich alle vermögensrechtlichen Beziehungen zwischen den Ehegatten fallen, die sich unmittelbar aus der Ehe oder ihrer Auflösung ergeben, sowie alle Vermögensbeziehungen zwischen den Ehegatten, die in engem Zusammenhang mit solchen Fragen oder Beziehungen stehen, und auf die Judikatur des Obersten Gerichtshofs zu aus einer anlässlich der Auflösung der Ehe getroffenen Vereinbarung abgeleiteten Ansprüchen, für die die Anwendbarkeit der EuGVVO ausgeschlossen ist.

Der von der Klägerin gegen den Beklagten erhobene Anspruch ist zwar als Schadenersatzforderung dem allgemeinen Schuldrecht zuzuordnen (§§ 1293 ff ABGB), sein Auslöser liegt aber in einem Verstoß des Beklagten gegen seine durch den Ehevertrag (§ 44 ABGB) begründete Treuepflicht (§ 90 Abs 1 ABGB); er wäre deshalb ohne den Bestand der Ehe zwischen den Streitteilen undenkbar. Er wird somit unmittelbar aus der Ehe der Parteien abgeleitet, weshalb er das Recht der ehelichen Güterstände iSd Art 2 Abs 1 lit a EuGVVO 2000 berührt und deshalb unter diesen Ausnahmetatbestand zu subsumieren ist. Dieses Ergebnis harmoniert auch durchaus mit der vorgesehenen Definition des ehelichen Güterstand laut der vorgeschlagenen EuGüVO (Rom IVa-VO).

Zum Volltext im RIS

 
ogh.gv.at | 15.11.2024, 12:11
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/zu-dem-vom-anwendungsbereich-der-eugvvo-2000-ausgeschlossenen-bereich-der-ehelichen-gueterstaende/)

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